Die große Mehrheit der Wahlberechtigten meint, dass zwischen den Parteien ohnehin keine großen Unterschiede bestünden - sich mit deren Konzepten auseinanderzusetzen ist vielen Österreichern zu mühsam. Und ganz so wichtig nehmen es die Parteizentralen auch nicht mehr: Detaillierte Programme binden zu viele Kräfte.

Aktuelle Umfragen zeigen aber nicht nur ein Desinteresse an Parteiprogrammen, sondern auch Zukunftsangst: Nur 36 Prozent erwarten für die nächsten Monate eine positive Entwicklung, 20 Prozent eine schlechte. Der Rest ist verunsichert. Selbst machen kann man ohnehin nicht viel. Und das Wenige - etwa eine private Vorsorge - ist angesichts der Kursschwankungen an den Börsen erst recht eine Quelle der Verunsicherung geworden. Im Vergleich dazu sind ein paar Cent, die eine Mehrwertsteuersenkung auf Grundnahrungsmittel bringen würden, ohnehin zu vernachlässigen.

Es geht nicht mehr um die Abfederung der Teuerung, sondern um eine Absicherung des erreichten Niveaus an Beschäftigung, Wohlstand und sozialer Sicherheit. Wer kann das am ehesten? Die Kleinparteien werden in dieser Diskussion kaum noch wahrgenommen. Und die großen Parteien, die - spät, aber doch - die Wirtschaft als Thema entdecken, präsentieren ihre Rezepte. Der jeweilige Mix aus wie viel Staat und wie viel privat, aus mehr oder weniger internationaler Verflechtung, aus mehr oder weniger Budgetdisziplin, ist durchaus unterschiedlich. Wenn dieser Unterschied aber von den Wählern nicht wahrgenommen wird, zählt am Ende nur, wer mehr Vertrauen gewinnt, wenn er behauptet, seine Partei sei die eigentliche Wirtschaftspartei. (Conrad Seidl/DER STANDARD Printausgabe, 22. September 2008)