Als Austauschschüler lernte Christoph Marti alias Ursli Pfister die "American Dreams" kennen: vom 27.-29. 9. im Wiener Akzent Theater.

Foto: Geschwister Pfister

Standard: Sie spielten zuletzt in München am Gärtnerplatz in "La Cage aux Folles". Weniger bekannt ist, dass Sie Ihre Karriere in den 80ern am Berliner Schillertheater begonnen haben. Wie war, nach mehr als zehn Jahren, die Rückkehr ans klassische Theater?

Marti: Die Arbeit war sehr schön. Und es ist eine wichtige Ergänzung. Als wir uns mit den "Geschwistern Pfister" selbstständig machten, glaubten wir, uns vom Staatstheater zu verabschieden. Es ist anders gekommen - ein Geschenk.

Standard: Reizt Sie das Theater nun wieder mehr?

Marti: Der größte Luxus ist, dass ich beides machen kann. Das eine befruchtet das andere so sehr. Schreiben Sie aber ruhig, dass ich gerne mehr klassisches Theater machen möchte. Man muss den Leuten auf die Sprünge helfen. Man muss sagen: Mich kann man mieten, mich gibt's, ich habe Zeit, ich komme!

Standard: Sie haben also die Zeit in München genossen. Was würden Sie denn am Theater besonders gerne machen?

Marti: Es gibt eine ganze Liste. Ich finde ja, das unterbelichtetste Genre in Deutschland ist die Operette. Die Operette, die ich meine, hat mit der Operette, wie sie heutzutage gemacht wird, wenig zu tun. Operette hat für mich immer etwas ganz Unverschämtes und Anzügliches. Ich selbst bin kein großer Tenor, ich kann einfach gut hochstapeln und angeben. Vor diesem Hintergrund schweben mir diverse Werke vor, die man mit Schauspielern machen könnte. Axel an der Himmelstür etwa, immerhin damals in Wien mit Zarah Leander uraufgeführt - das wird nicht gespielt, dabei ist das von Benatzky, der das Weiße Rössl geschrieben hat.

Standard: Sie würden dann die Rolle der Zarah Leander übernehmen?

Marti: Ich habe das nicht dazugesagt, weil ich finde, dass sich das von selbst versteht! Ich habe schon in diversen Intendantenbüros gesessen und bis hin zur Besetzungsliste alles unterbreitet. Der Intendant sagt dann, wir müssen zeitgenössisch sein. Aber für mich gibt es nichts Zeitgenössischeres, als eine Operette von 1936 unkommentiert auf den Spielplan zu setzen. Das spricht für sich selbst.

Standard: Das "Weiße Rössl" haben Sie ja auch einmal gemacht.

Marti: Ja, mit Max Raabe. Das war toll, weil aus den unterschiedlichsten Bereichen die besten Leute zusammenkamen. So muss man das angehen. Berlin war vor dem Krieg eine Hochburg für dieses Genre. Das ist einfach getilgt. Jetzt wollen wir es wieder herbeireden.

Standard: Kommen Sie deshalb nach Wien?

Marti: Hier schlagen Anna Netrebko und Rolando Villazón in Schönbrunn ihre Zelte auf und singen "Wien, Wien, nur du allein" - da dreht sich mir der Magen um! Nicht wegen Schönbrunn, sondern diese Art der Darstellung, wo Klassik heute stehen soll, und dann wird so getan, als wäre das das Größte - und eigentlich ist es der größte Ausverkauf. Ich fand es für alle Beteiligten rufschädigend, was ich da im Sommer zwischen den Fußballspielen im ORF gesehen habe.

Standard: "American Dreams" passt jetzt gut zu den US-Wahlen.

Marti: Wer hätte das gedacht! Und wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Ursli Pfister in dieser Mission unterwegs ist - denn Ursli Pfister interessiert sich eigentlich ausschließlich für sich selbst - das ist also eine ungeheure Wandlung.

Standard: Würde er Obama unterstützen?

Marti: Ich war lange für Hillary, ich wollte Hillary - weil ich Hillary gerne beim Staatsbesuch mit Angela Merkel zusammen sehen wollte. Auf dieser für beide etwas zu kleinen Couch, auf dieser gelben, die für solche Anlässe so gerne genommen wird. Und wie bei beiden ein bisschen die Jacken spannen, sie können sich nicht so herzlich begrüßen, wie sie gerne würden ...

Standard: Sie selbst waren, davon handelt Ihr Solo, in der Reagan-Ära als Austauschschüler in den USA.

Marti: In Texas, ja. Die Reagans waren damals totale Stars, vor allem sie. Über Nancy gibt es jetzt eine nicht autorisierte Biografie, die sich wie ein Thriller liest. Diese Frau hat alles um sie herum so großartig manipuliert! Das ist Stoff! Ich würde sehr gerne ein Musical über Nancy Reagan machen.

Standard: Und Sie spielen Nancy?

Marti: Wieder muss ich sagen: Das versteht sich von selbst.

(Isabella Hager, DER STANDARD/Printausgabe, 22.09.2008)