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Tzipi Livni ist neue Vorsitzende der Kadima-Partei und wurde am Montag mit der Regierungsbildung betraut.

Foto: APA/epa/JIM HOLLANDER

Wenn Tzipi Livni es in den nächsten 40 Tagen schafft, eine Regierung zu bilden, dann wird Israel das erste Land auf der Welt sein, in der alle drei Staatsbereiche - die Exekutive, die Legislative und die Judikative -  in weiblicher Hand sind. Frauenpolitikerinnen ordnen diesen Umstand als historischen Zufall ein, wurden doch sowohl Livni als auch die Knesset-Sprecherin Dalia Itzik trotz und nicht aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit gewählt. Auch die Wahl von Richterin Dorit Beinisch als Präsidentin des Obersten Gerichtshofes hat nichts mit ihren Ansichten über Frauenpolitik zu tun, gibt die israelische Tageszeitung Haaretz zu bedenken. 

Wenig Frauen in israelischer Politik

Trotzdem kann die Konstellation als Sieg gewertet werden, denn was die Repräsentation von Frauen in der israelischen Politik betrifft gibt es einiges an Nachholbedarf. Israel liegt internationalen Ranking zur politischen Repräsentation von Frauen an 82. Stelle, denn nur 15 Prozent der Knesset-Mitglieder sind Frauen und bei den BürgermeisterInnen beträgt der Frauenanteil nur ein Prozent. 

Livni hat sich Zeit ihres politischen Engagements von Geschlechterfragen fern gehalten. Die feministische Journalistin Anat Saragosti beschreibt Livni als eine überholte Version eines feministischen Modells: "Sie ist irgendwo in den 1970ern hängengeblieben, in denen die Gleichheitsvorstellung vorherrschte, dass Frauen genau das Gleiche wie Männer tun können. Eine solche Einstellung ignoriert jedoch die Diskriminierung von Frauen als Gruppe."

Feministische Agenda fehlt

Beobachterinnen attestieren Livni demnach keine feministische Agenda, wenngleich sie in ihrer Zeit als Ministerin auch Frauen förderte. Unter ihrer Obhut wurde die Professorin Gabriela Shalev zur israelischen UN-Botschafterin ernannt. Die designierte Ministerpräsidentin ist stolz darauf, es alleine an die Spitze geschafft zu haben, wenngleich sie ihren Sitz in der Knesset einer Frauenquote in der Wahlliste der damaligen Likud-Partei zu verdanken hatte.

Doch es gibt auch andere Meinungen: Die Radio und TV-Moderatorin Merav Michaeli ist der Ansicht, dass sich Livnis Bewusstsein für die Diskriminierung von Frauen in den letzten Jahren entwickelt habe. Im Bereich Gewalt an Frauen hätte die Ministerin Engagement gezeigt und sich für die Opfer eingesetzt.

Die stellvertretende Bürgermeisterin von Tel Aviv und ehemaliges Knesset-Mitglied Yael Dayan ist der Ansicht, dass die Kandidatur Livnis unabhängig davon, wie sie sich definiert, "gut für Frauen" ist. Israel sei nicht reif für eine feministische Kandidatin und Livnis Aufgabe müsse darin bestehen, existierende Gesetze zur Gleichstellung mit Nachdruck zu verfolgen. Auch die Abgeordnete Colette Avital, die 2007 für die linksgerichtete Arbeitspartei für das Amt der Präsidentin kandidierte, ist der Ansicht, dass allein die Nominierung von Livni "wirkliche Veränderung" bringen wird. "Diese Dreieinigkeit wird die öffentliche Meinung über Frauen verändern." Das geringe Interesse Livnis für frauenpolitische Themen stört auch Rina Bar-Tal vom israelischen Frauennetzwerk wenig: "Dank Livni hat die israelische politische Kultur einen großen Riss in ihrer Glasdecke erhalten", schließt sie. (red)