rankfurt - Die gut 300 Millionen Euro schwere Überweisung der KfW an die bereits pleitegegangene US-Bank Lehman Brothers geht nach Darstellung der deutsche Förderbank auf eine gravierende Fehleinschätzung der Situation zurück. Die verantwortlichen Abteilungen hätten im Rückblick das Insolvenzrisiko von Lehman falsch eingeschätzt, erklärte das staatseigene Institut am Montag. Der neue KfW-Chef Ulrich Schröder sieht sich nicht verantwortlich für die Überweisungspanne, die der Förderbank in diesem Jahr aller Voraussicht nach einen Verlust einbrocken wird.

Schröder sagte dem "Handelsblatt" in einer Sitzung am Freitag, den 12. September, das offene Risiko aus dem bereits im Juli in die IT-Systeme der KfW eingegebene Währungsswap-Geschäft sei nicht gesehen worden. "Der zweite Fehler war, dass angesichts der Datenlage zu Lehman am Freitag hätte beschlossen werden müssen, übers Wochenende die Situation zu verfolgen und im Zweifelsfall einzugreifen. Das ist nicht geschehen." Erst für Montag, den 15. September, um 09.30 Uhr (MESZ) sei ein neues Treffen angesetzt worden. Die Zahlung sei aber bereits um 08.37 Uhr ausgeführt worden. Zu diesem Zeitpunkt hatte Lehman bereits einen Insolvenzantrag gestellt. Schröder sagte, er habe um 09.00 Uhr telefoniert, um sich nach dem Lehman-Engagement zu erkundigen.

Wegen der fehlerhaften Überweisung wurden zwei Vorstände und ein Bereichsleiter vom Dienst suspendiert (derStandard.at berichtete). Die Bank lässt den Vorfall rechtlich untersuchen und hat eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eingeschaltet.

Anwalt erstattete Strafanzeige

Unterdessen hat ein deutscher Rechtsanwalt wegen der Überweisung Strafanzeige erstattet. Wie der Berliner "Tagesspiegel" am Montag im Voraus berichtete, richtet sie sich gegen die bereits suspendierten Vorstandsmitglieder Peter Fleischer und Detlef Leinberger sowie gegen Unbekannt.

Die Anzeige wegen des "Anfangsverdachts der Untreue zum Nachteil der Kreditanstalt für Wiederaufbau" sei bei der Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Main eingegangen, hieß es weiter. Die Anklagebehörde war zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Der Anwalt Axel Schirmack sagte dem "Tagesspiegel", er handle als Steuerzahler: "Es ist eine Ungeheuerlichkeit, mit welcher Leichtigkeit die Verantwortlichen mit fremden Geld umgegangen sind."

Der internen Revision der KfW könne man nicht über den Weg trauen, "deshalb sollte der Vorgang extern überprüft werden", begründete der Jurist die Anzeige. (APA/Reuters)