Karl Erjavec erklärt die Welt gern zwischen Tannenbäumen. Man kann dem Chef der slowenischen Pensio- nistenpartei Desus auf YouTube zusehen, wie er mit seinem Hund beschwingt Nordic Walking betreibt und älteren Herren auf seinem Wandertag die Hände schüttelt. Desus bekam bei den Wahlen am Sonntag zwar nur 7,4 Prozent der Stimmen, die Partei könnte aber den Sozialdemokraten unter Borut Pahor die notwendige Mehrheit im Parlament verschaffen. Das könnte allerdings dem Staat teuer zu stehen kommen. Denn Desus fordert eine Mindestpension von 1000 Euro, das Motto der Partei lautet "Besser leben".

Wer will das nicht? Der Erfolg der Sozialpopulisten ist nicht nur eine Konsequenz der demografischen Verschiebungen, wie es sie in ganz Europa gibt: Der Prozentsatz der Pensionisten unter den Wählern steigt kontinuierlich. Der Erfolg von Desus ist auch bezeichnend für die gespaltene slowenische Gesellschaft. Die zwei großen Volksparteien, die konservativen Demokraten und die Sozialdemokraten, betrachten einander mit grenzenlosem Misstrauen. Jede Debatte und jeder Skandal wird vor der Matrix dieser Polarisierung interpretiert. Zuletzt auch die Affäre um die angeblichen Schmiergeldzahlungen einer finnischen Rüstungsfirma an den bisherigen konservativen Premier Janez Jansa. Am Ende glaubten alle an eine Verschwörung.

Desus wirkt dagegen geradezu neutral - und ist in der Praxis, wie die vergangenen Jahre zeigten, ideologisch überaus anpassungsfähig. Pahor will nun sachte mit Desus verhandeln. Er dürfte wissen, dass Reformen mit Partnern - deren Programm nicht viel mehr als eine Anbiederung an den Wähler ist - kaum durchzubringen sind. (DER STANDARD, Printausgabe, 23.9.2008)