Hat ein Fuchs den eigenen Garten zum Revier gewählt, ist es schwierig, ihn vom Gegenteil zu überzeugen

WPA Pool/Kirsty Wigglesworth

Wien/Purkersdorf - Als die Nachbarn aus dem 2. Stock bei Marianne S. in Purkersdorf läuteten, war es schon geschehen. Die drei Kaninchen ihrer Tochter lagen tot im Garten. "Eines war noch ganz, von den beiden anderen fehlten die Köpfe, ein Lauf und das Schwänzchen", erzählt Frau S. Die Tür des Kaninchenstalles stand offen und auf dem Holz sah man Bissspuren.

Marianne S. rief noch am selben Tag ihre Nachbarin an, um ihr zu sagen, dass sie gut auf ihre Hasen und die freilaufende Henne aufpassen solle. "Während ich noch mit ihr gesprochen habe, ist auf einmal ein Rotfuchs um die Ecke gebogen." Frau S. und ihr Mann liefen mit ihrem Sennenhund hinter dem Fuchs her, der sich von den Verfolgern nicht sonderlich stressen ließ. Noch dreimal kam der Fuchs an diesem Abend zurück und an den folgenden Tagen ebenso. Weder der Hund noch die drohend erhobene Gartenschaufel konnten das hartnäckige Tier vertreiben. Im Gegenteil: Nachdem keine Kaninchen mehr zu holen waren, hat sich der Fuchs über die Schuhe der Frau hergemacht und diese auf derselben Stelle deponiert, auf der er auch die abgemurksten Karnickel abgelegt hatte.

"Der Fuchs dürfte den Garten von Frau S. als Teil seines Revieres betrachten", sagt Alfred Frey-Roos vom Institut für Wildbiologie der Universität für Bodenkultur. Den Fuchs einzufangen und im Wald wieder auszusetzen habe deshalb wenig Sinn. "Er wird wiederkommen." Vor allem, weil das große Nahrungsangebot im besiedelten Raum dazu geführt habe, dass die Reviere der Wildtiere extrem klein wurden.

Verhalten angepasst

In Zürich werden die Stadtfüchse seit mehr als 20 Jahren erforscht. Manche leben bereits in Gärten, andere haben ihren natürlichen Rhythmus komplett umgestellt und sind tagaktiv geworden. Es gebe Fotos, schildert Frey-Roos, auf denen Füchse zu sehen sind, die sich gemütlich auf einem Baugerüst räkeln, während eine Etage tiefer die Bauarbeiter schon zu arbeiten beginnen. "Wenn man einen Fuchs dauerhaft loswerden möchte, wird man wohl den Jäger holen müssen", sagt Frey-Roos.

Bloß so einfach ist das mit dem Schießgewehr nicht, darf doch im verbauten Gebiet nicht gejagt werden, wie Alois Gansterer vom Jagdverband betont. Allenfalls könne man in Absprache mit der Bezirkshauptmannschaft eine Kastenfalle aufstellen.

"Dort sitzen dann in den meisten Fällen doch nur verdatterte Hauskatzen drinnen", widerspricht Wiens Forstdirektor Andreas Januskovecz. Besonders wichtig sei es, keine Futterschüsseln für Haustiere im Freien aufzustellen und die Biomülltonnen immer gut verschlossen zu halten. Allerdings, so Januskovecz, komme es immer wider vor, dass Füchse angefüttert würden, solange sie "ganz klein und ganz lieb sind". Denn gerade junge Füchse sind sehr neugierig. Januskovecz: "Da gibt es dann immer eine Riesenaufregung, wenn ein kleiner Fuchs aus dem Lainzer Tiergarten einen der umliegenden Gärten inspiziert."

Dass ihr Fuchs Menschen gewohnt ist, glaubt auch Frau S. Jung ist er jedenfalls nicht mehr. "Das ist ein riesiger Rüde, der schon graue Stellen im Pelz hat. Vielleicht hat er deshalb seine tägliche Route so gewählt: Zuerst geht es bei den Gärten von Frau S. und ihrer Nachbarin vorbei. "Und dann", so Marianne S., "biegt er immer beim Seniorenheim ab". (Bettina Fernsebner-Kokert/DER STANDARD, Printausgabe, 23. September 2008)