Washington - Angesichts des Sturms auf den Finanzmärkten werfen die beiden letzten großen US-Investmentbanken ihr Geschäftsmodell über Bord und suchen Zuflucht bei der Notenbank Fed. Goldman Sachs und Morgan Stanley gaben in der Nacht zum Montag ihre Verwandlung in gewöhnliche Geschäftsbanken bekannt, um Zugriff auf die Geldtöpfe der Fed zu bekommen.

Die beiden bisher relativ ungezügelten Branchenführer müssen sich damit in Zukunft den deutlich strengeren Auflagen der Fed unterwerfen, können sich aber im Gegenzug auch im Privatkundengeschäft engagieren und Einlagen sammeln. Damit ist das Geschäftsmodell der US-Investmentbank faktisch ausgelöscht, das die Wall Street mehr als 20 Jahre lang dominiert hatte.

Die beiden Banken bemühten sich bei der Fed um die Genehmigung für ihre Umwandlung. An der Börse waren in der vergangenen Woche ernsthafte Zweifel aufgekommen, ob die stark von den Finanzmärkten abhängigen Geldhäuser die Krise überleben würden. Nun sollen sie bereits in der Übergangszeit auf die Geldtöpfe der Fed zurückgreifen können. Bisher unterlagen die Banken lediglich den Auflagen der US-Börsenaufsicht SEC. Dieser Sonderstatus ermöglichte es ihnen, mit riesigen Summen geliehenen Geldes hohe Risiken einzugehen. In guten Zeiten konnten sie gigantische Gewinne einfahren - zuletzt brachte dieses Geschäftsmodell nur Probleme. Nach der Umwandlung müssen sie wie andere Banken auch viel Geld bei der Fed hinterlegen und können deshalb nicht mehr mit einem so großen Hebel arbeiten.

Zu Jahresanfang gab es an der Wall Street noch fünf große Investmentbanken. Bear Stearns und Merrill Lynch retteten sich in die Arme der breiter aufgestellten Häuser JP Morgan und Bank of America, Lehman Brothers musste vergangene Woche Insolvenz anmelden. Für Morgan Stanley dürfte die Dringlichkeit der Fusionsgespräche mit der US-Regionalbank Wachovia abgenommen haben. Die Bank setze jedoch die Gespräche mit anderen Parteien fort, hieß es am Sonntag. Das Institut verhandelt unter anderem mit einem chinesischen Staatsfonds über eine höhere Beteiligung.

Mitsubishi bei Morgan dabei

Morgan Stanley stimmte darüber hinaus am Montag dem Einstieg der japanischen Großbank Mitsubishi UFJ Financial Group zu. Morgan verkauft um 8,5 Milliarden Dollar Aktien. Mitsubishi, nach Spareinlagen gerechnet, die zweitgrößte Bank der Welt, wird damit 20-Prozent-Eigner der Wall-Street-Bank. Der Morgan-Stanley-Aktienkurs stieg daraufhin um 14 Prozent. Der Deal benötigt noch die Zustimmung der US-Kartellbehörden. Analysten sagen, Morgan Stanley hätte keine andere Wahl gehabt, um die Unabhängigkeit zu bewahren.

Keine Nachahmer

Rund um den Globus wird nach den Zusammenbrüchen von Freddie Mac, Fannie Mae, Lehman Brothers und AIGund dem anschließenden Börsenkrach der Ruf nach stärkerer Regulierung lauter. Die britische Regierung plant schärfere Vorschriften gegen überhöhte Bonuszahlungen für Banker und Hedge-Fonds-Manager. Auf dem Jahrestreffen der Labour-Party in Manchester machte Premierminister Gordon Brown die "Unverantwortlichkeit der Finanzmärkte" für die weltweite Kreditkrise verantwortlich. Ein ähnliches Rettungspaket, wie die USA es auflegen wollen, soll es in Großbritannien aber nicht geben.

Ähnlich die Situation in Deutschland, wo Kanzlerin Angela Merkel bereits am Sonntag die mangelnde Bereitschaft der USAzur internationalen Regulierung harsch kritisiert hatte. Sie will die Unabhängigkeit von Rating-Agenturen gewährleisten und fordert mehr Eigenkapital bei Finanzgeschäften.

Finanzminister Peer Steinbrück betonte, das US-Hilfspaket sei ein sehr wichtiger Beitrag zur Überwindung der Finanzmarktkrise. Außer den USA planten aber keine weiteren G7-Staaten Stützungsprogramme. Klare Worte kamen vom japanischen Finanzminister Bunmei Ibuki:Es gebe in Japan "absolut keinen Bedarf" nach ähnlichen Hilfen wie in den USA.

Washington will wie berichtet 700 Mrd. Dollar in den Aufkauf toxischer Wertpapiere der Banken stecken. Finanzminister Henry Paulson hatte andere große Staaten eindringlich aufgefordert, ähnliche Maßnahmenpakete zu schnüren. (Reuters, as, sbo, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.9.2008)