Bild nicht mehr verfügbar.

Zwei US-Investmentbanken, nämlich Merrill Lynch und Lehman Brothers, verschwanden vergangene Woche von der Bildfläche. Die beiden verbliebenen, Morgan Stanley und Goldman Sachs (Bild: Headquarters), ändern ihr Geschäftsmodell.

Foto: EPA/Lane

Am 15. September 2008 begann die wahrscheinlich volatilste Woche, die die Wall Street je gesehen hat. Zwei US-Investmentbanken verschwanden von der Bildfläche (Lehman durch Gläubigerschutz, Merrill durch Übernahme) und die größte US-Versicherung AIG brauchte einen Rettungsanker in Höhe von 85 Mrd. Dollar. Aber am Freitag, dem 19., ertönte ein kollektiver Seufzer der Erleichterung, als die US-Regierung einen Mehrstufenplan zur Lösung der Verwerfungen an den Finanzmärkten vorlegte und damit erstmals in dieser turbulenten Zeit das Gesetz des Handels an sich riss. Man will einen 700 Mrd. Dollar schweren Fonds schaffen, der die vergifteten Assets aufkauft und die Bilanzen der Finanzdienstleister von den faulen Hypothekarpapieren befreit. Aber viele Details zu diesem Fonds sind noch zu klären: z. B. wie die faulen Papiere zu bewerten sind, also zu welchem Preis der Regierungsfonds kaufen wird, und wer alles an den Fonds verkaufen darf.

Darüber hinaus soll im Rahmen der Einlagensicherung ein Sonderpool geschaffen werden, der die Geldmarktfonds stützt, die in den USA von vielen Kleinanlegern gehalten werden und teilweise ebenfalls riskante Papiere in den Büchern haben. Last, but not least hat die Regierung eine Liste von ca. 800 Finanztiteln erstellt, die (zeitlich befristet) nicht leer verkauft werden dürfen.

Versuchte Wiederbelebung

Insgesamt kann man das Maßnahmenpaket wohl am besten so beschreiben: derzeit liegt die ganze Aufmerksamkeit bei der Wiederbelebung des Patienten, um einen medizinischen Vergleich zu bemühen. Daher hat man die Frage, welche Nebenwirkungen die Sofortmaßnahmen auf die anderen Vitalfunktionen haben könnten, eher nach hinten gereiht. Das heißt, es wird sich erst herausstellen, wie das Programm der Regierung genau funktioniert und welche auch unbeabsichtigten Folgen es haben könnte.

An den Börsen wurde das Einschreiten von staatlicher Seite zunächst euphorisch begrüßt, die großen US-Indizes beendeten die denkwürdige Woche de facto unverändert. Zu Beginn der neuen Handelswoche stellte sich aber dann die alte Unsicherheit wieder ein. Nicht alle Marktteilnehmer sind überzeugt, dass so weitreichende Eingriffe in das Handelsgeschehen richtig waren (Verbot von Leerverkäufen), und es geht auch die Angst um, was passiert, wenn die Intervention ausläuft.

Fundamental gesehen erlebt die US-Wirtschaft weiterhin Zeichen der Abkühlung, die Gewinne der Unternehmen im 3. Quartal sollen gegenüber dem Vergleichsquartal 2007 um 5 % gefallen sein (bezogen auf den S&P 500). In der krisenhaften Woche stieg auch die Volatilität an den US-Märkten wieder stark an, der VIX Index erreichte ein Hoch von 36 und lag damit über den Höchstständen, die er seit dem Sommer 2007 gesehen hatte. Gleichzeitig setzte eine massive Flucht in den sicheren Hafen der Staatsanleihen ein, besonders die kurzfristigen Renditen sind regelrecht eingebrochen. Dreimonatspapiere erreichten zwischenzeitlich Renditen von unter 10 Basispunkten. Auch diese Bewegung hat sich durch das Rettungspaket der Regierung etwas normalisiert. Längerfristig ist durch die massive Neuemission von US Staatsanleihen mit Druck am US Rentenmarkt zu rechnen. Das könnte auch der Dollar etwas zu spüren bekommen, der von einem Hoch von 1,39 zum Euro schon wieder auf 1,47 gefallen ist.