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Islamic Banking und die dazugehörigen Finanzprodukte sind auf dem Vormarsch.

Foto: Reuters/Fahad Shadeed

"Islamic Banking" wird seit einigen Jahren als der Trend am Bankensektor angepriesen. Unterschiedliche Studien versuchen, das Potenzial des Marktes mit Finanzprodukten, die islamischem Recht entsprechen, einzuschätzen. Weltweit verfügen rund 1,3 Milliarden Muslime über ein Gesamtvermögen von rund 2,5 Billionen US-Dollar. Die Rede ist von Wachstumsraten zwischen 15 und 20 Prozent jährlich.

Der Bereich des schariakonformen Finanzmarktes umfasst ein ganzes System an Regeln. Zentraler Punkt ist das Zinsverbot, das auf dem Prinzip sich nicht an den Armen zu bereichern beruht - damit fallen beispielsweise Sparkonten oder Termingelder ebenso durch den Raster wie zinstragende Kredite. Auch Spekulationen im Rahmen des Glückspiels sind untersagt. Erlaubt hingegen sind Gewinne aus Investitionen, mit Ausnahme von "unreinen" Geschäften wie Pornografie, Alkohol, Schweinefleisch, Waffen oder illegalen Drogen. Speziell entwickelte islamische Bankprodukte wurden geschaffen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden.

Ein Autokauf auf Raten beispielsweise ist wegen der Zinszahlung nicht schariakonform. Bietet die Bank jedoch einen Leasingvertrag mit festgesetzten Gebühren an und beteiligt sich damit auch am Risiko des finanzierten Vorhabens, entspricht dies sehr wohl den Anforderungen. Fonds, die als schariakonform gelten sollen, dürfen demnach nur in "reine" Branchen investieren.

Der Anfang

Seinen Ursprung fand das Islamic Banking mit der Gründung der Islamischen Entwicklungsbank im Jahr 1975. Diese sollte auf Basis islamischen Rechts die wirtschaftliche Entwicklung und den sozialen Fortschritt der Mitgliedstaaten fördern. Auch die Dubai Islamic Bank wurde im selben Jahr gegründet. Mittlerweile existieren rund 270 Banken weltweit, die nach islamischem Recht Finanztransaktionen tätigen und schariakonforme Produkte an den Mann bringen wollen. Die wichtigsten Marktplätze sind Indonesien, Bahrain, Dubai, Kuwait und Singapur.

Westliche Banken entdeckten erst in den 1990er Jahren diesen lukrativen Markt, in den sie mit entsprechenden Produkten oder mit der Gründung von Tochtergesellschaften oder über Kooperationen mit lokalen Finanzinstituten einstiegen. Die Rating-Agentur Moody's schätzt, dass rund 250 islamische Fonds verwaltet werden, mit einem Gesamtkapital von 300 Milliarden Dollar. Glaubt man den zahlreichen Studien zu dem Thema, mit steigender Tendenz.

Fonds geplant

In Österreich arbeitet die Erste Sparinvest schon seit längerem am Launch eines scharia-konformen Fonds. Die jüngste Finanzkrise machte dem Start des Fonds, der den Namen "Espa Islamic Stock Europe Emerging" tragen soll, allerdings einen Strich durch die Rechnung. Max Benedini, Asset-Manager bei der Fondsmanagementtochter der Erste Bank, geht davon aus, dass der Fonds noch heuer auf den Markt kommen soll. Was die Performance angeht ist das Ziel, eine ähnliche Benchmark outzuperformen.

"Geplant ist ein Osteuropa-Aktienfonds, der durch einen Scharia-Filter laufen soll. Dieser wird derzeit von einem Scharia-Board im Nahen Osten geprüft", erklärt Benedini. Der Fonds mit offener Laufzeit und täglicher Bewertung soll vorwiegend im arabischen Raum verkauft werden und in erster Linie  institutionelle Anleger ansprechen. Aber auch private Anleger in Österreich will man damit erreichen, so Benedini.

Ethno-Marketing

Und einen Markt dafür scheint es - zumindest den Zahlen nach - zu geben. Angaben der Statistik Austria zufolge leben aktuell etwa 400.000 Muslime in Österreich. Die prognostizierte Steigerung liegt bei über 500.000 Menschen in den nächsten fünf Jahren. Eine Zielgruppenstudie, die das auf den Finanzmarkt spezialisierte Beratungsunternehmen emotion banking im Jahr 2007 durchgeführt hat, zeigt ein differenziertes Bild der Nachfrage in Österreich. "Wir konnten klar aufzeigen, dass  auch bei den moslemischen Mitbürgern sehr divergierende Lifestyles gelebt werden und dementsprechend DIE Zielgruppe 'Moslems' nicht existiert. In der konkreten Auswirkung bedeutet dies, dass lediglich ein Teil der moslemischen Bevölkerung eine starke Affinität zum Thema 'Islamic Banking' hat", erklärt Christian Rauscher, Geschäftsführer von emotion banking, gegenüber derStandard.at. Interesse am Thema Islamic Banking und entsprechenden Angeboten sei aber vorhanden.

Gerade auch vom Marketing-Standpunkt aus sind schariakonforme Produkte im Speziellen und Islamic Banking im Allgemeinen eine Herausforderung für die Finanzinstitute. "Eigentlich bräuchte man eine zweite Bank in der Bank, die sich dann vollständig dem Islamic Banking verschreibt und nach Scharia-Regeln arbeitet", so Benedini. Auch Rauscher von emotion banking warnt davor, zu glauben, dass alleine das Anbieten von einigen schariakonformen Produkten zum Erfolg führt. Besonders dem Personal komme hier eine große Bedeutung zu. "Sie benötigen Mitarbeiter, die in den Moscheen als Referenten willkommen sind und in der Zielgruppe akzeptiert werden. Dieser persönliche Vertriebszugang ist ein elementarer Schlüssel zum Erfolg", so Rauscher. (Daniela Rom, derStandard.at, 23.9.2008)