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Der Badener Anwalt Rudolf Fries mach schwere Zeiten durch. Er stieg im März 2008 zu einem Kurs von rund sieben Euro ein.

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Wien - Vier Stunden nach Beginn der Immofinanz-Hauptversammlung am Dienstag wurde noch immer nicht über den ersten Tagesordnungspunkt abgestimmt. Der Aufsichtsratvorsitzende Helmut Schwager (im Zivilberuf Constantia Packaging Vorstand und bis vor kurzem Aufsichtsratchef der Immoeast) ließ Co-Referate und Dialoge unter den Aktionären zu. Ein Buwog-Bewohner nutzte die Gunst der Stunde und holte langmächtig über die Kosten für Elektrospeicher, Wassergebühr, Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge aus. Bis ihm zuerst das Mikro, dann das Licht am Pult abgedreht wurde. Als sich schließlich zwei Sicherheitsleute des Herren annahmen, ging er, nach der Zusicherung, dass die Buwog den Bewohnern den Sachverhalt gesondert erklären werde.

Die Aufforderung aus dem Publikum, statt zu reden, endlich die Frage zu stellen, kommentierte ein HV-bekannter Kleinaktionär: "Das Buffet ist eröffnet, gehen'S ruhig, aber nerven'S mich nicht."
Abgeschmettert wurde die Aufforderung von Anleger-Vertreter Wilhelm Rasinger, die Dividende ausfallen zu lassen und dadurch 184 Mio. Euro zu sparen. Der einzige Großaktionär, Anwalt Rudolf Fries, der knapp unter zehn Prozent hält, will eine Ausschüttung. Weil die Kleinaktionäre in der HV in Relation kaum gewichtiges Stimmenpotenzial haben, ist der Antrag nach fünf Stunden mit 99 Prozent Zustimmung durchgegangen.

Großaktionäre

Gemeinsam mit der Familie von Spitz-Fruchtsaft-Eigentümer Walter Scherb (hält unter fünf Prozent und ist daher nicht meldepflichtig) ist Fries einer der wichtigsten Aktionäre. Ebenso wie Ex-Wienerberger-Chef Erhard Schaschl, der laut Anmeldeverzeichnis 7,5 Mio. Aktien hält. Während zuletzt 33 Cent pro Aktie bezahlt wurden, sind es nun 40 Cent, die in zwei Tranchen bezahlt werden. Schlussendlich stimmte auch Rasinger für die Dividende.  Immofinanz-Chef Karl Petrikovics verneinte, dass der schlechte Aktienkurs von Immofinanz und Immoeast die Aktiva der Gesellschaft auf irgendeine Weise beeinträchtige. Die Immofinanz rechnet für die nächste Zeit mit steigenden Zinsen und wird auch keine weiteren Aktien der Ost-Tochter Immoeast zukaufen. In der derzeitigen Situation gelte die Devise: "Cash is king."
Finanzvorstand Christian Thornton bestätigte, dass die Unternehmensstrategie der Marktsituation angepasst wird. Statt die Erlöse aus den Verkäufen zu reinvestieren, werden diese zur Rückzahlung von Verbindlichkeiten verwendet.

Petrikovics verwies abermals Gerüchte, die Gesellschaft sei von der Lehman-Pleite betroffen, zurück. "Wir haben einen Kredit von 550 Mio. Euro bei Lehman, sind also Schuldner und nicht Gläubiger." Für den massiven Kursrutsch könne er auch nur mit einem Gerücht als Erklärung dienen: Die insolvente Lehman-Bank habe ein Paket von sechs Prozent an der Immofinanz-Gruppe gehalten. Und Lehman habe - um Liquidität zu bekommen- an zwei bis drei Tagen das gesamte Paket an Immofinanz-Titeln auf den Markt geworfen. "Wir haben mit Sicherheit keine Liquiditätsengpässe" , bekräftige Petrikovics. "Mit 50 Prozent Eigenkapital sind wir auf der konservativen Seite, und wir werden unsere Finanzierungen bekommen."

Wie berichtet hat die Immofinanz Entwicklungsprojekte innerhalb des Konzerns gekürzt und stellt Immobilien im Umfang von rund 800 Mio. Euro zum Verkauf. Goldman Sachs hat das Immofinanz-Kursziel von 5,30 auf drei Euro reduziert. Immofinanz-Aktien gaben um 13 Prozent auf 2,99 Euro nach, Immoeast-Papiere um 11,11 Prozent auf zwei Euro.

Künftig wird sich ein neuer Aufsichtsrat um die Gesellschaft kümmern. Schwager geht, Wienerberger-Chef Wolfgang Reithofer übernimmt den Vorsitz, Umdasch-Chef Reinhold Süssenbacher wird Vize. Fries, sein Kanzleipartner Vitus Eckert, Betriebswirtschaft-Professor Herbert Kofler (einst Karl-Heinz Grassers "Doktor-Vater" ), Immobilienexperte Nick van Ommen und der Vizepräsident des Interessenverbands der Anleger, Michael Knap ziehen neu ein. Einzig Ex-CA-Boss Guido Schmidt-Chiari wurde wiedergewählt. (Claudia Ruff, DER STANDARD, Printausgabe, 24.9.2008)