Washington - Nach Banken und Versicherern erhalten voraussichtlich bald auch amerikanische Autobauer milliardenschwere Hilfen von der US-Regierung. Laut einem Gesetzesentwurf vom Montag, der noch diese Woche im Kongress verabschiedet werden könnte, sollen die Autokonzerne zur Umstrukturierung zinsgünstige Kredite in Höhe von 25 Mrd. Dollar (17,1 Mrd. Euro) bekommen. Es wird erwartet, dass auch Präsident George W. Bush das zustimmungspflichtige Paket durchwinken wird.

Auf dem Capitol Hill berät unterdessen der US-Kongress, wie das 700 Mrd. Dollar teure Paket, mit dem Finanzminister Henry Paulson die Wall Street vor dem Kollaps retten will, im Detail aussehen soll (siehe Wissen). Barack Obama und John McCain wirken wie Akrobaten, die einen schwierigen Drahtseilakt absolvieren. Einerseits sehen sich die Präsidentschaftskandidaten in der patriotischen Pflicht. Keiner will den Eindruck erwecken, als wolle er bremsen und das Wohl der Wirtschaft auf dem Altar wahltaktischer Manöver opfern. Andererseits kann es sich keiner der beiden leisten, die anschwellende Kritik an dem Krisenplan zu ignorieren.

Streit um Finanzhilfe

"Anfangs hieß es, Gott sei Dank, jetzt kommt die Kavallerie. Jetzt fragt man sich, wohin die Kavallerie eigentlich reiten soll", sagte Douglas Elmendorf vom Washingtoner Brookings-Institut. Auf den Hinterbänken der regierenden Republikaner mehren sich die Stimmen, die staatliches Eingreifen generell für falsch halten. Die Demokraten betonen, dass nicht nur die faulen Kredite der Banken aufgekauft werden dürfen. Man müsse auch Familien helfen, deren Haus zur Zwangsversteigerung ansteht, weil sie das Roulette mit windigen Subprime-Hypotheken mitspielten. "Nicht nur die Wall Street heraushauen, sondern auch die Main Street (Hauptstraße, Anm.)", sagte der Vorsitzende des Finanzausschusses, Barney Frank.

Außerdem soll es nicht wieder so aussehen, als nicke die Legislative im Schnelldurchlauf ab, was die Exekutive für richtig hält. Beim letzten Mal, als es so war, ging es um grünes Licht für den Krieg im Irak. Unter solchen Zeitdruck lasse man sich nicht noch einmal setzen, betonen Bushs Gegenspieler.
Ob Paulsons Paket wie geplant bis zum Wochenende verabschiedet wird, ist damit völlig offen. "Washington bekommt keinen Blankoscheck mehr", stimmt Obama in den Chor ein. "Gerade weil die Kontrolle fehlte, stecken wir ja in diesem Schlamassel."

Obama verlangt, Banken, die mit Steuergeldern gerettet werden sollen, unter strengere Aufsicht des Steuerzahlers zu stellen und ihnen die riskantesten Manöver zu verbieten. Rating-Agenturen, die die Bonität einer Firma bewerten, will er auf höhere Standards verpflichten und die Geldhäuser insgesamt zu mehr Transparenz anhalten.

McCain, der noch im März erklärt hatte, im Zweifelsfall sei er gegen Regulierung, versucht es mit einem Schwenk in Richtung Populismus. "Das Zeitalter der goldenen Fallschirme ist vorbei", wettert er. Der Chef eines Unternehmens, das vom Fiskus vor der Pleite bewahrt wird, dürfe künftig nur noch so viel verdienen wie der höchste Staatsdiener - maximal vierhunderttausend Dollar im Jahr. (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, Printausgabe, 24.9.2008)