An der Wall Street endet eine Ära, in Österreich der Wahlkampf. Also muss ein Gipfel her. Hier wie dort treffen sich die Spitzen. Sie sind, entgegen ihrem grammatikalischen Geschlecht, so gut wie immer männlich: die Spitzensozialpartner, die Spitzenwirtschaftsforscher, die Spitzenpolitiker. Und schaffen es immer ins Fernsehen, auch wenn nur heiße Luft den Gipfel umweht.

Der Konjunkturgipfel brachte diesmal immerhin die Erkenntnis: Es ist wirklich ernst. Das sagen die Spitzenwirtschaftsforscher den Spitzenpolitikern zwar schon seit gut einem Jahr, aber jetzt ist es auch im Wahlkampf ernst geworden, und da wird es Zeit, den Fokus von Wachteleiern, Gemeindebaughettos und Salatpflanzanleitungen zu nehmen und auf die internationale Wirtschaftslage zu lenken.

Ah, da schau her, die Finanzkrise wird schlimmer. Täglich schlimmer. Die ersten Hedgefonds krachten zwar schon im Juli 2007, die ersten Investmentbanken lösten sich im heurigen Frühjahr auf, aber jetzt, genau jetzt, ist die Zeit zum Handeln, beziehungsweise zumindest zum Gewehr-bei-Fuß-Stehen. Oder auch zum Mehrwertsteuersenken, je nach Standpunkt und Blickwinkel, den man vom Gipfel hat.

Niemand wird Vorschläge wie "Erhöhung der Forschungsquote" oder "Internationalisierungsoffensive" schlechtheißen. Doch nach den Gipfelstürmereien wird wieder einmal klar, wie spitzenmäßig versemmelt es die derzeitige Regierung hat: Steuerreform, Staatsreform, Gesundheitsreform, Bildungsreform - alles nicht geschafft. Diese Zukunftsinvestitionen haben die Spitzenökonomen schon 2006 eingefordert. Da stand die Wall Street noch. (Leo Szemeliker, DER STANDARD, Printausgabe, 24.9.2008)