Matthias Hartmann mit Alfred Dorfer.

Foto: ORF/E&A/Gianmaria Gava

Wenn geistvolle Menschen einander absichtslos zur Plauderei treffen, dann schlägt dem kulturbeauftragten ORF-Fernsehen so etwas wie die Stunde der Halbwahrheit. Alfred Dorfer, als vielbeschäftigter Kleinkünstler ein öffentlich-rechtlicher Subversionsdienstleister, traf den designierten Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann zur Premiere seiner "artgenossen"-Plauderei auf der Bühne des Wiener Konzerthauses.

Man glaubte sich in einen nach Weihrauchkerzen duftenden Tratschsalon versetzt. Über das unerschöpfliche Thema der Musik - "Ich höre vor allem intelligente Popmusik!" (Hartmann) - glitt das smarte Duo auf den Fittichen der Einbildungskraft hinüber in ein vorsichtiges Lob auf den "Gemischtwarenladen". Der Theatermann Hartmann möchte nichts mehr erfinden müssen. Er möchte gleich einem Dirigenten über möglichst unterschiedliche Stücke und Stile gebieten und weiß sich da mit seinen Kollegen Molière und Shakespeare spekulativ eines Sinnes. Die Burg? "Zu groß, um sie einzunischen."

Die Vorstellung der Welt als Bühnenramsch-Laden geriet unter Dorfers eloquenter Mithilfe zur Inventur des allezeit Naheliegenden. Hartmann will Kleist und Beckett nicht nachträglich in deren Textsuppen hineinspucken. Dieses Bekenntnis nähme freilich noch mehr für ihn ein, wenn er nicht sogleich hinzugefügt hätte, allerlei zu schreiben - und beim Gelingen so etwas wie das Wirken einer transzendenten Macht festgestellt zu haben. Hartmann möchte man den Draht nach oben vergönnen. Ein bisschen mehr als ein belangloser Ministrant hätte Dorfer aber schon sein dürfen. (poh/DER STANDARD; Printausgabe, 24.9.2008)