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Mahmud Ahmadi-Nejad vor der Presse in New York: Die üblichen Tiraden gegen Israel und die USA, verbunden mit einem Gesprächsangebot an die amerikanischen Präsidentschaftskandidaten.

Foto: Reuters/Chip East

Anhaltende Differenzen über schärfere Sanktionen gegen Teheran wegen dessen Atomprogramms gaben dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadi-Nejad bei seinem Auftritt in New York Rückenwind.

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Das Hassobjekt der US-Regierung lächelt viel. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad sitzt mit seiner Entourage auf der Bühne in Konferenzsaal 4 im New Yorker UN-Hauptquartier und mustert lächelnd die Journalisten auf den Bänken vor ihm. Pressekonferenz, das Interesse ist groß. Auch die Nervosität der Sicherheitsleute. Ein sportlicher Anzugträger neben der Bühne spricht häufig mit seinem Handgelenk.


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Soeben hat Ahmadi-Nejad vor der UN-Vollversammlung viel von Gott geredet und Israel und die USA beschimpft. Das „zionistische Regime" stehe vor dem Untergang, auch das „amerikanische Imperium", und überhaupt versuchten „tyrannische Mächte", den Iran in seinen friedlichen nuklearen Aktivitäten zu behindern. Alles scharfe Attacken, die aber keinen großen Aufruhr mehr auslösen, das kennt man schon von ihm.

"Sprache der Gewalt"

Jetzt sagt er, dass die „Sprache der Gewalt" nicht akzeptabel sei, und meint vor allem Washington und die Drohungen, falls der Iran sein Atomprogramm nicht aussetzt, wie vom Sicherheitsrat verlangt. Die von der UNO verhängten Sanktionen? Die hätten doch keine Wirkung, damit schadeten die USA nur sich selbst. Dass Washington am Abend geplante Beratungen über eine Verschärfung der Strafmaßnahmen absagte - Russland hielt das Treffen für nicht dringlich -, muss Ahmadi-Nejad mit Genugtuung aufgenommen haben. Die „Nuklearfrage" sei „gelöst" und auch gar nicht mehr das Thema.

Das sehe die Staatengemeinschaft anders, sagt ein Journalist. Ob er sich denn vorstellen könne, mehr Flexibilität zu zeigen? Ahmadi-Nejad wehrt ab. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien, die in dieser Woche auch über den Atomstreit berät, wisse doch selbst nicht, wonach sie suche, sagt er dann später noch. Wenn man sie frage, was der Iran vorlegen solle, sei die Antwort: „Das wissen wir nicht, das müsst ihr uns sagen."
Am Nachmittag hat Israels Staatspräsident Shimon Peres Ahmadi-Nejads Worte vor der UNO als antisemitischen Angriff verurteilt und den Iran „das Zentrum des Terrorismus" genannt.

Der iranische Staatschef erklärte seinerseits vor den Journalisten, sein Volk sei „das erste Opfer von Terrorismus" in der Welt. „Wer immer daran interessiert ist, den Terrorismus zu bekämpfen, wird in uns einen Partner finden." Und mit den beiden US-Präsidentschaftskandidaten Barack Obama und John McCain würde er gerne sprechen, ja, „aber unser Treffen sollte ein öffentliches sein, mit den Medien". Schließlich solle jeder wissen, was wirklich besprochen worden ist.

Vom Ende des Saales ertönt ein lauter Ruf. „Mister President!" Christiane Amanpour, Chefkorrespondentin des Fernsehsenders CNN, hat sich neben den Kameras aufgebaut und reckt ihren Arm in die Höhe. Noch einmal: „Mister President!" Der Moderator hält sich an seine Liste und erteilt einer anderen Journalistin das Wort. „Wer hat eigentlich die Macht im Iran?", will die Fragestellerin wissen. Ganz einfach, sagt Ahmadi-Nejad und wirkt ein bisschen erstaunt. „Im Iran liegt die Macht in den Händen des Volkes!" (Julia Raabe aus New York/DER STANDARD, Printausgabe, 25.9.2008)