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Die Herde folgt den Hirten nicht mehr blind, das Gras der Opposition schmeckt auch. Am Sonntag droht der CSU in Bayern der Verlust der absoluten Mehrheit.

Foto: AP/Endlicher

Kurz vor der Bayern-Wahl verunsichern Putschgerüchte die schwächelnde CSU. Die Fäden soll Edmund Stoiber ziehen. Originell findet das Kabarettist Wolfgang Krebs: Er spielt dieses Szenario seit Monaten auf der Bühne.

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Dieser Tage bekommen Millionen Bayern von Günther Beckstein (CSU) noch einmal Post. Inständig bittet der Ministerpräsident, am Sonntag die CSU zu wählen. Denn in den letzten Stunden vor der Wahl haben er und CSU-Chef Huber nur noch das eine Ziel vor Augen: Sie müssen unbedingt über die 50-Prozent-Hürde kommen.

Doch derzeit schaut es nicht danach aus. Und das könnte zumindest für Huber das schnelle politische Ende bedeuten. Er werde nach der Wahl zurücktreten, die CSU sein Vize (und Bundesverbraucherminister) Horst Seehofer führen, schreibt die Münchner Abendzeitung. Beckstein dürfe noch kurz im Amt bleiben, bald aber würden Innenminister Joachim Herrmann oder Europaminister Markus Söder übernehmen. Von einer "Konterrevolution", die CSU-Ehrenvorsitzender Edmund Stoiber "in seinem Exil" vorbereite, ist die Rede.

"Da war ich schon ein bisserl baff. Das ist wortwörtlich das Gleiche, was ich seit Monaten als Kabarettist darstelle", sagt Wolfgang Krebs zum STANDARD. Der Bayer tourt wahlweise als Stoiber- oder Beckstein-Double durch das Land und tritt regelmäßig in Sendungen des Bayerischen Rundfunks auf. Obwohl Stoiber eigentlich seit einem Jahr in Polit-Pension ist, ist dessen Double gefragt wie zu seiner Amtszeit. "Ich spüre eine große Sehnsucht nach Stoiber. Er ist einfach eine Identifikationsfigur. Die Leute lachen zwar über ihn, aber er steht für ein Wir-Gefühl. Er ist katholisch, oberbayerisch, strebsam - als er Ministerpräsident war, haben viele Leute gedacht: Der macht das schon, bei dem sind wir gut aufgehoben" , sagt Krebs, der Stoiber durchaus Respekt zollt: "Sein Abgang hatte Größe. Im Gegensatz zu SPD-Chef Kurt Beck trat er nicht dauernd nach."

Bauchmuskeln mit Beckstein

Beckstein hingegen sei "ein bisschen oberlehrerhaft" und zudem für ihn als Kabarettisten "die größere Herausforderung" Denn: "Er hat so eine Pressatmung, ich hab direkt schon Bauchmuskeln bekommen, seit ich ihn double."

Dass Kabarett gerade in Bayern so erfolgreich ist, wundert Krebs nicht: "Früher gab es ja auch am Hofe einen Hofnarr, der sich mit der Obrigkeit auseinandersetzte. Diese Katharsis macht die Dinge erträglicher. Und von einem Hofstaat sind wir ja heute nicht weit entfernt. Ein bayerischer Ministerpräsident hat mehr Referenten als die bayerische SPD Mitglieder."

Kabarett und Wirklichkeit verschwimmen im Freistaat ohnehin ständig. "Dass Beckstein erklärt, man könne auch mit zwei Maß Bier noch Auto fahren, das hat schon Potenzial" , findet Krebs, der sich auch über Becksteins Aussage, ein anständiger Bayer müsse CSU wählen, seine Gedanken macht. Krebs, mit Augenzwinkern: "Ich meine eher, ein anständiger Bayer muss seine Frau zwingen, zum Oktoberfest ein Dirndl anzuziehen." Dass Beckstein das bei seiner Frau Marga nicht geschafft hat, findet der Kabarettist aber nicht tragisch: "Er hat in diesem Wahlkampf persönlich alles gegeben. Es wär schon schade, wenn er abtreten müsste." Für neue Herausforderungen ist zumindest Krebs bereit: "Meine Maskenbildnerin hat gesagt: Wolfgang, mit der richtigen Perücke kriegst du auch den Seehofer und den Herrmann hin." (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD, Printausgabe, 25.9.2008)