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"Al-Shabaab"-Kämpfer in eine Propagandavideo der islamistischen Gruppe.

Foto: AP/Mujaadinta Al shabaab

Genf/Nairobi - Die jüngsten Kämpfe in Somalia haben nach Angaben des UN-Flüchtlingskommissars allein in der Hauptstadt Mogadischu mindestens 12.000 Menschen in die Flucht geschlagen. "Das ist eine sehr vorsichtige Schätzung", sagte Catherine Weibel, Sprecherin der Organisation UNHCR am Donnerstag in einem Telefonat von Nairobi aus. Die Hälfte davon sei in das 30 Kilometer entfernte Afgoye geflohen, wo sich damit seit Anfang vergangenen Jahres 350.000 Menschen angesammelt hätten. Insgesamt haben demnach seit Anfang 2007 etwa 850.000 Menschen ihre Heimatorte verlassen.

Fast zwei Jahre nach ihrer Vertreibung aus Mogadischu haben die islamistischen Bewegungen weite Teile des südlichen Somalia zurückerobert und nehmen seit kurzem auch wieder die Hauptstadt ins Visier. Die Offensive wird von der Gruppe Al-Shabaab - zu deutsch "Jugend" - angeführt. Sie ist eine der radikalsten Bewegungen unter den Gegnern der vom Westen unterstützten und militärisch von Äthiopien geschützten Übergangsregierung in Mogadischu. Die großzügig aus dem Ausland finanzierte Gruppe sei dabei, den Kampf zu gewinnen, sagte ein somalischer Experte, der die Entwicklung in seinem Heimatland seit langem beobachtet. "Sie wenden eine erschreckend erfolgreiche Doppelstrategie an: die Vertreibung aller internationaler Vertreter aus dem Land und Eroberungen statt Provokationen."

Im August eroberte Al-Shabaab Kismayu, einen strategisch wichtigen Hafen und die zweitgrößte Stadt des Landes im Süden. Im September drohte die Gruppe mit dem Abschuss aller Flugzeuge, die Mogadischu anfliegen. Damit legte sie den Flughafen der Hauptstadt weitgehend lahm. Zuletzt griffen die Kämpfer sogar Soldaten der afrikanischen Friedenstruppe an.

"Die einzige Frage ist, was als nächstes kommt", sagte ein Diplomat. Experten zufolge kontrollieren islamistische Gruppen inzwischen den größten Teil des somalischen Südens, bis auf Mogadischu, den von äthiopischen Truppen geschützten Parlamentssitz Baidoa und Baladwayne im Grenzgebiet. Und dies, nachdem vor zwei Jahren äthiopische Truppen die Islamisten nach einer halbjährigen Herrschaft aus der Hauptstadt vertrieben  haben.

Die jüngste Etappe in dem seit 17 Jahren anhaltenden Konflikt hat eine der schlimmsten Flüchtlingskrisen des Kontinents noch vertieft. Inzwischen machen Piraten die Seegebiete vor dem Horn von Afrika unsicher. Kriminelle Banden haben in diesem Jahr bereits 30 Schiffe gekapert und halten noch immer rund 200 Geiseln fest.

Die USA betrachten Al-Shabaab als Terror-Gruppe mit Verbindungen zur Al-Kaida. Westliche Geheimdienste warnen seit langem davor, dass Somalia zu einem Unterschlupf für Extremisten wird. Islamisten und US-Kritiker halten dagegen der Großmacht vor, die Gefahren gezielt auszumalen, um mit Hilfe Äthiopiens die Kontrolle über die Region zu behalten. (Andrew Cawthorne/Reuters)