Das effektvolle Durchleben der eigenen Lieder – Sänger Chris Martin.

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... und versetzte ihr Publikum in Aufregung.

Wien - Zwei Seelen wohnen, ach!, in meiner Brust! Mindestens. Wie umgehen mit einer Karriere, die aus einer College-Kapelle mit - wie es heißt - Street Credibility in nur wenigen Jahren eine der größten Rockbands des Planeten macht? Chris Martin, Sänger von Coldplay, weiß um die Blicke, die mit dem mainstreamkompatiblen Erfolg einhergehen.

So demonstrierte das Quartett im Rahmen eines meist großartig die Gefühlsklaviatur bearbeitenden Konzertes, wie unterhaltsam so ein Widerstreit aussehen kann. "We're not the coolest band in the world, but probably the biggest" , wird Chris Martin noch sagen und so sein Hinundhergerissensein zwischen Gassenhauern und dem Wunsch, interessante Musik zu produzieren, auf dem Punkt bringen. Nach Life In Technicolor, das als eine Art Intro fungiert, startet man mit Hitgefunkel in die Nacht: Nach Violet Hill, der ersten Single der CD Viva La Vida, ist spätestens ab Clocks und In My Place das Publikum in größte Aufregung versetzt.

Der Schwerpunkt des Abends liegt, wenig überraschend, auf Viva La Vida. Immer wieder hat Coldplay das Album nach Jahren der Stromlinienförmigkeit als Befreiungsschlag interpretiert. Wie Martin zu Protokoll gab, war nach dem Monstererfolg des dritten Albums X & Y mit über acht Millionen verkauften Einheiten, aber vernichtenden Kritiken, die Erkenntnis gewachsen, dass nicht alles, was groß ist, auch gut sein muss.

In Brian Eno als Produzent hat man den Blick von außen gesucht. Und so das bis-her ansprechendste Album aufgenommen, auch wenn das Aufbrechen klassischer Songstrukturen und die elektronisch angehauchte Unterfütterung der Stücke allein nicht der Weisheit letzter Schluss sind.

Live jedoch bringen die konventioneller gestrickten Überschwangsballaden den größeren Schunkelfaktor. Ganz die Profis, die sie sind, bieten Coldplay eine adrett ausbalancierte Show, die Superstardom mit Bodenhaftung gleichschaltet und von kleinen inszenatorischen Finessen lebt: So wird im Mittelteil auf einer fußabtretergroßen Minibühne mit Discobodenbeleuchtung halb im Publikum stehend ein Konzert im Konzert dargeboten. Oder man besucht mit einem akustischen Set die hinteren Reihen gleich höchstpersönlich. Auch wenn mit Coldplay sicherlich keine Weltrevolution ausgerufen werden muss, wissen sie, wie eine Rockshow mit dezentem Pomp aussehen kann. Niemand soll es ihnen übel nehmen. (Philipp L'Heritier / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.9.2008)