Die Strände von Drymades und Dhermi sind nicht rasch, aber bequem erreichbar, wenn man mit der Autofähre anreist. Anek Lines verkehrt bis zu viermal wöchentlich zwischen Venedig und der griechischen Stadt Igoumenitsa. Von dort sind es etwas mehr als hundert Kilometer bis ans Ziel. Die Küstenstraße zwischen Saranda und Vlora ist in schlechtem, aber von normalen Pkws befahrbarem Zustand, ein Zwischenstopp sollte eingeplant werden.

Foto: Sascha Aumüller

Der Kanal von Butrint ganz im Süden des Landes ist nur mit einer recht originellen Autofähre (siehe Foto unten) für den Fahrpreis von € 1,- passierbar, eine geringe Straßengebühr kommt hinzu.

Informationen:
faehren.at

Foto: Sascha Aumüller

Cafés, Hotels und Supermärkte - also Infrastruktur - gibt es in Dhermi. Private Unterkünfte sind selten, aber - falls doch vorhanden - komfortable Drei-Sterne-Hotels (saisonale
Preise zwischen € 20,- und 50,- für das Zimmer). Der Strand von Drymades verfügt nur über die Einrichtungen vom einfachen Drymades Beach Resort. Dazu gehört auch ein komfortableres Hotel, das aber nicht in unmittelbarer Strandnähe liegt. Der Maximalpreis beträgt da wie dort € 50,- für die Wohneinheit, in der Nebensaison deutlich weniger. Eine neue Bungalowanlage wurde in Drymades gerade eröffnet.

Verzeichnis aller Hotels in der Region:
www.albania-hotel.com

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Kulturelle Ziele in der Umgebung sind die beeindruckenden
Ausgrabungen von Butrint, die gut dokumentiert wurden ...

Foto: Sascha Aumüller

... und die "Museumsstadt" Gjirokastra. Letztere liegt bereits im gebirgen Hinterland und ist deshalb gut erhalten, weil sie die Geburtsstadt des albanischen Diktators Enver Hoxha war, der sie unter Denkmalschutz stellen ließ. Ein Tagestrip ist wohl nach Butrint möglich, nicht aber nach Gjirokastra. Letztere verfügt allerdings über sehr gute Infrastruktur und günstige Übernachtungsmöglichkeiten.

Foto: Sascha Aumüller

Wertvolle Reiseinformationen bietet das Schweizer Albanien-Forum mit immer neuen Einträgen.

Informationen:
www.albanien.ch/forum

Foto: Sascha Aumüller

Herr Edvin weiß, wie die Riviera funktioniert. Sehr wichtige Gäste wollen vom Händedruck des General Managers gefesselt sein, ja begleitet werden - allerdings nur so lange der Auftritt auf dem Catwalk dauert: also exakt vom Lederschalensitz eines Sport Utility Vehicles bis zur weißen Kunstledercouch der Lounge am Strand.

An diesem gnadenlos glamourösen letzten Samstag im August hat Herr Edvin nur sehr wichtige Gäste und alle Hände voll zu schütteln. Man nahm in großer Zahl den beschwerlichen Weg aus der Hauptstadt in das Drymades Beach Resort auf sich, um es mit eigenen Augen durch die Gucci-Sonnenbrille zu sehen: Der Signalpegel fürs drahtlose Surfen am Laptop ist im Liegestuhl tatsächlich so stark wie die eigene Überzeugung, man habe es zu etwas gebracht: fettes Auto, dünne Gattin, all you can eat.

Laptops haben Akkus, und das ist gut, denn Herrn Edvins Resort hat kein Dieselaggregat. Das wiederum ist schlecht, da Stromausfälle an der albanischen Riviera so häufig sind wie Benz-Fahrer oder SUVs. Aber Herr Edvin weiß auch ganz genau, was All-inclusive bedeutet: Jeder, der im Hochsommer 50 Euro für eine der zwanzig "Villen mit Flair" in Drymades ausgibt, bekommt nicht nur eine Kerze auf den Tisch serviert, sondern auch den Liegestuhl samt Schirm am Strand reserviert - oder bei Bedarf ein schattiges Plätzchen neben den Bunkern.
Davon gibt es in Albanien noch zehntausende - auch auf den letzten (sonst) unverbauten Stränden Europas. Damit das Land für die Invasion durch andere Beachresorts gerüstet ist, wie es scheint. Der Club Med, hört man, habe es dennoch geschafft, wenige Kilometer südlich von hier bald die Bauarbeiten zu beginnen. Drei Jahre lang gab es Querelen, weil nicht geklärt werden konnte, ober der Verkäufer des 700.000 m² großen Grundstücks auch der Eigentümer ist.

"Bunker" ist ein gar hässliches Wort - für ein modernes Resort sowieso, aber auch für die heute zumeist behände kolorierten Beton-schwammerln, die auch in makellos weißem Sand sprießen und zuallererst ein Ort romantischer Momente sind: Unter dem schützenden Schirm der behübschten Pilze tauschen junge Albaner angeblich immer erste Küsse aus. Wenn die Dinger also noch immer mitten am Strand stehen, umso besser.

 

Rechenspiele mit den Villen

Herr Edvin führt nun durch die Anlage und erklärt, wie man sich bettet. So liegt man hier zumeist als einziger Zugereister Tür an Tür mit der Hautevolee Tiranas, aber sucht beim Betreten der Unterkunft zuallererst nach dem Vertikutierrechen an der Wand. Denn die „Villen" erinnern doch frappant an Geräteschuppen, die mit Nasszelle und Terasse aufgemotzt wurden.

"All you can eat" - genau das scheint auch den Koch im Drymades Beach Resort allabendlich beim Befüllen des Buffets mit "allem, was man essen kann" zu beschäftigen. Frischer Fisch aus dem Meer? Kommt nicht infrage und nur hie und da tiefgefroren aus dem nahen Griechenland herüber, weil sich die albanischen Fischer den Sprit für die Boote nicht mehr leisten können. Frisches Gemüse? Kommt regelmäßig von den fruchtbaren Niederungen aus der Umgebung auf die Pizza. Die ist hier jedenfalls ebenso hervorragend wie das Moussaka - Kunststück, hier leben griechische Albaner. Zum Nachtisch: Stromausfall. Die in Albanien genauso größer gewordenen Bildschirme der Handys beleuchten nun das Restaurant, der Mond sieht blass dagegen aus.

Die Mobiltelefone klingeln noch am nächsten Tag, als die Manager aus Tirana bereits am Strand abheben. Die Verbindung ist gut und der laute Mischmasch von Lounge-Musik aus zwei konkurrierenden Strandbars jedenfalls ein Beweis für den Gesprächspartner, dass man sich den Urlaub an der Riviera auch tatsächlich leisten kann.

 

Abgesteckt und unberührt

Wenn Herr Edvin immer wieder betont, der Strand sei gutbesucht, meint er ein präzise mit Sonnenschirmen abgestecktes Quadrat vor seinem Resort. Die restlichen zwei Kilometer in jede Richtung bleiben von dieser Einschätzung ebenso unberührt wie von anderen Badenden. Überhaupt ist es nicht einfach, zu klären, von welchem der insgesamt drei bis spät in den Oktober benutzbaren Baderevieren er redet. Wahrscheinlich weniger vom angrenzenden in Dhermi, das ebenfalls kilometerlang und von solch atemberaubender Wasserqualität und -färbung ist, dass auch hier Aufnahmen für Karibikkataloge gemacht werden könnten. Nein, von diesem Strand erzählt er ganz bestimmt nichts, denn die doch recht gemütliche Havana-Bar und andere Hotels empfangen ja auch sehr wichtige Gäste. Den "Geheimtipp" vom dritten, bislang völlig unbewirtschafteten Strand in Richtung Llogoaraja-Pass erzählt er jedem. Egal, so richtig eng wird's dort ohnehin nie werden.

General Mangager Edvin, Herr über zwei Strände ohne Bauwerke - sein Resort ist nun wirklich keines - sitzt jetzt in Strandbar Nummer zwei (das ist die schilfgedeckte mit dem gut gerührten Café frappé) und tippt auf sein iPhone. Was sagt die Kalenderfunktion? Der September beginnt, es kommen endlich weniger wichtige Gäste; aber vor allem: überhaupt weniger Gäste. Und hoffentlich nur solche, die zu schätzen wissen, dass seine Villen dann wieder Hütten sein dürfen. Angeboten um 20 Euro, nicht an der "albanischen Riviera", sondern an einem bis heute namenlos geglaubten Stück Paradies.

(Sascha Aumüller/DER STANDARD/Printausgabe/20./21.9.2008)