Franka Potente, Lars Steinhöfel und François Goeske (von rechts) in Action: "Die Brücke". Montag, 20.15, ProSieben.

Foto: ProSieben

Als Bernhard Wicki 1958 "Die Brücke" nach dem Buch von Gregor Dorfmeister (Pseudonym "Manfred Gregor" ) drehte, geschah das zu einer Zeit, als im Kino die Verdrängung der eigenen Nazivergangenheit vollkommen war. Einschlägige Unterhaltung dominierte, Kriegsfilme verherrlichten das Soldatsein relativ unverhohlen. Zu sehen waren unerträgliche Heldensagen wie "Schütze Bumm in Nöten" (1948), "08/15" - erster, zweiter und dritter Teil (1954 bis 1956) oder "Der Etappenhase" (1956). Letzteres ein Remake aus dem Jahr 1937, in dem Willy Millowitsch dem Ersten Weltkrieg komische Seiten abgewann.

Wicki wollte den Film unbedingt drehen und Zeichen setzen. Die Geschichte einer Gruppe Jungsoldaten, die in den letzten Kriegstagen dem völlig sinnlosen Befehl gehorchen, eine Brücke im bayerischen Bad Tölz zu verteidigen, lebt von der Reduktion, um nur ja nicht in den Verdacht der Ästhetisierung zu geraten. Und erzielte sie genau deshalb natürlich erst recht. Wicki filmte in Schwarz-Weiß und verzichtete völlig auf Filmmusik, weil er "dieses Gesülze" nicht ertragen könne, schreibt Biograf Richard Blank. Die Dreharbeiten sind legendär: Weil die Jungen Laien im Schauspiel waren, Verzweiflung und Entsetzen für Wicki deshalb zu wenig authentisch schienen, soll der Griesgram sie so wild angebrüllt haben, dass die Buben in ihrer Furcht wirklich weinten und damit nach Wickis Befinden gut genug für die Aufnahmen waren.

Und heute? ProSieben sendet zum Beispiel den "Sexreport 2008" . Dokumentiert mit "It's My Sexy Life" den Zustand der Pornoindustrie im Internet oder lässt Oswalt Kolle, Aufkläronkel der 60er, softpornografisch zur Sache kommen.

Franka Potente im Heu

In diesem Umfeld schickt ProSieben fünfzig Jahre nach Wicki zur besten Sendezeit, wieder nach Gregors Vorlage, Jugendliche auf die Brücke. Diesmal in der Regie von Wolfgang Panzer. Insofern überrascht es nicht, dass nicht einmal fünf Minuten vergehen, bis sich Franka Potente und Lars Steinhöfel im Heu wälzen, dass sich vor den Versuchen einer auffallend unterkühlt agierenden Potente, die Buben zu retten, ein entpolitisiertes Actionspektakel entlädt. Maschinengewehre knattern, es tobt der Kampf Mann gegen Mann.

Der Nazihintergrund verkommt zur Kulisse, die Beziehungsgeflechte der Jugendlichen erinnern stark an einst beliebtes Containerfernsehen, angereichert um herzzerreißende Sterbeszenen im Stil von: "Mich friert."

Wer sich nicht unmittelbar zur angesprochenen jungen Zielgruppe zählt oder wer vergleichen will, hat in der Nacht auf Dienstag um ein Uhr früh die Gelegenheit, Wickis Film zu sehen. (Doris Priesching/DER STANDARD, Printausgabe, 27./28.9.2008)