Eigentlich wollte John McCain als Retter in Washington einreiten, als allseits respektierter Führer, der die Nation kompetent aus der Finanzkrise zu steuern versteht. Daraus wurde nichts, denn Demokraten und Republikaner waren sich schon vor dem Erscheinen des republikanischen Präsidentschaftskandidaten im Grundsatz einig über das Rettungspaket für die US-Finanzwirtschaft. Dass der Kompromiss doch noch zerbrach, liegt vor allem an McCain. Viel mehr als der Kniefall des US-Finanzministers hätte sein Machtwort geholfen, um das Paket noch zu retten. McCain aber saß da, sagte wenig, hielt sich bedeckt.
Damit versucht der notorische Polit-Gambler, was er schon mit der Wahl Sarah Palins zum "running mate" und seiner Forderung, die erste TV-Debatte zu verschieben, spielte: McCain will sich mit allen - wirklich allen - Mitteln im Rennen um das Weiße Haus halten. Wie so oft stellt sich nach diesen Manövern allerdings heraus, dass sich der Senator dabei selbst überdribbelt hat. McCain gibt alles andere als ein Bild des verlässlichen Führers ab. Im Gegenteil, wer ihn beobachtet, der könnte die große Depression bekommen.
Die nach dem Zusammenbruch der Washington Mutual noch dramatischer wirkende Wirtschaftskrise offenbart, dass McCain keinerlei Führungs- und Lösungskompetenz in dieser vitalen Frage hat. Nicht dass Barack Obama mehr Erfahrung in Wirtschaftsfragen hätte, doch der wirkt zumindest besonnen genug, um rationale und überparteiliche Entscheidungen treffen zu können. Besteht dieses öffentliche Bild noch einige Tage weiter, könnte das die Vorentscheidung im US-Wahlkampf sein. (Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 27./28.9.2008)