Das 2,8-Milliarden-Paket, das im Parlament von allen Parteien (in unterschiedlichen Varianten) im Rahmen einer 19-Stunden-Sitzung beschlossen wurde, begünstigt vor allem zwei Gruppen: Pensionisten (die am meisten) und Studenten.

Also Menschen, die nicht mehr und die (meist) noch nicht arbeiten. Menschen im Arbeitsprozess bekommen mit einer Ausnahme (13. Familienbeihilfe) nichts.

Politisch passt das auch. Die Pensionisten (rund zwei Millionen) stellen die größte Gruppe innerhalb der 6,3 Millionen Wahlberechtigten und innerhalb der Stammwähler der SPÖ. Darüber hinaus hat eine Imas-Umfrage ergeben, dass das wichtigste Wahlmotiv die Frage ist, ob sich ein Politiker für "soziale Belange" einsetzt (41 Prozent). Für rund 40 Prozent war wichtig, dass sich die Politik "für Österreich" einsetzt. Zugespitzt könnte man also sagen, dass eine nationale und soziale Politik am meisten gewünscht wird. Für 29 Prozent war es zusätzlich wichtig, dass sich die Politik gegen die "Überfremdung" einsetzt.

Die Wahlzuckerl-Orgie, die vor allem von der SPÖ ausging, liegt also voll im Meinungstrend. Die völlig verkorkste EU-Linie, die die SPÖ von der Krone und der FPÖ übernommen hat, wäre demnach auch bestätigt, wenn man das "Für- Österreich-Einsetzen" in diese Richtung interpretiert.

Um nicht vollkommen in Zynismus abzugleiten, muss die Tatsache erwähnt werden, dass selbstverständlich sehr, sehr viele Wähler und Bürger schon auch den Wert eines seriösen und umsichtigen Umgangs mit Steuergeld ihrer Politiker zu schätzen wissen und eine entsprechende Wirtschaftspolitik befürworten. Aber "das Soziale" steht stark im Vordergrund.

Weniger stark im öffentlichen Bewusstsein und viel weiter unten auf der allgemeinen Werteskala steht hingegen offenbar ein Bekenntnis zu einer Politik, die "das Soziale" erst ermöglicht. Das Geld für Pensionserhöhungen, Wiedereinführung der Frühpension (nichts anderes ist die Verlängerung der "Hacklerregelung") und (die schiefgegangene) Halbierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel hat eben da zu sein. Wie es dazu kommt, nämlich durch eine leistungsfähige Marktwirtschaft, ist schon viel weniger interessant und bei vielen auch negativ besetzt. "Geschäftemacherei" ist ein häufiger Begriff für ganz normale wirtschaftliche Tätigkeit. "Die Reichen" (von denen es bei uns nur vergleichsweise wenige gibt) müssten nur hart besteuert werden, dann wäre das Geld schon da.

Dass in Wahrheit die Mitte und die oberen Einkommensbezieher fast die gesamte (Einkommens-)Steuerlast tragen, existiert in der öffentlichen Debatte nicht - ebenso wenig, dass die jetzt ausgeschütteten Wahlzuckerln für Nichtarbeitende die geplante Steuersenkung für Arbeitende praktisch unmöglich machen.

Österreich hatte immer eine soziale Marktwirtschaft und nie einen "Neoliberalismus" oder gar einen "Turbokapitalismus". Die politische Priorität liegt jetzt aber offenkundig vor allem auf dem Sozialen und viel weniger auf dem Marktwirtschaftlichen. Das Motto der "langen Nacht des Populismus" lautete: Wer arbeitet, kriegt nichts. (Hans Rauscher/DER STANDARD-Printausgabe 27./28. DER STANDARD-Printausgabe)