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Strache: "Immer wenn die Linken da sind, geht's mit uns aufwärts."

Foto: apa

Sie zählen alle schon zur Folklore. Auf der einen Seite der Absperrung die Punks, Autonomen und Linken mit ihren roten Fahnen und Megafonen, auf der anderen die Typen mit den Bomberjacken, kahlgeschoren und breitbeinig. Vorne, auf der Bühne, heizt die John Otti Band mit Skihüttenhits ein. Und der FPÖ-Einpeitscher gibt denselben Kalauer zum Besten wie in unzähligen Wahlkämpfen zuvor: "Immer wenn die Linken da sind, geht's mit uns aufwärts."

Im Wiener Arbeiterbezirk Favoriten zieht die FPÖ immer, nicht nur bei ihren Fans. Der Platz am Viktor-Adler-Markt ist so gut gefüllt wie einst in den Neunzigerjahren, als hier Jörg Haider den Volkstribun gab. Heute lacht das Publikum, wenn sein Nachfolger Heinz-Christian Strache über den "Türken-Jörg" herzieht, diesen "falschen Fuffziger" , der die Türkei in die EU holen wolle: "Der Haider hat politische Schizophrenie."

Höllenhunde, Arbeitssklaven

Es bleibt nicht die einzige Reminiszenz. Strache klingt haargenau wie einst sein Ziehvater, wenn er die "linken Chaoten" zum Arbeiten schicken will. Doch anders als Haider schafft er es nicht wirklich, die Massen zum Toben zu bringen. Langwierig spricht Strache über die angeblichen "Lebensrealitäten" der Österreicher: über Familien, die für ihren Kinderreichtum "bestraft" würden, über Spekulationsgeschäfte von "Höllenhunden, Kapitalisten, Neoliberalen" , über "Arbeitssklaven des Globalisierungswahnsinns in dieser Europäischen Union" .
Strache stilisiert sich gerne als "Sozialrebell mit Herz und Schmäh" , doch die meiste Stimmung bringen immer noch die Tiraden gegen Ausländer. Für den ersten größeren Jubel sorgt als Vorredner FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky, als er das alte Favoriten betrauert, wo ein Würstelstand noch keine Kebabbude war und Wiener Schnitzel statt "Falafel, Couscous oder wie das ganze Zeug heißt" serviert wurde.

Solche einseitigen Sprüche sind Strache fast schon zu riskant. Wer bei Wahlen an der 20-Prozent-Marke kratzen will, darf eingebürgerte Wähler in Wien nicht pauschal vergrätzen. Also bemüht sich der FPÖ-Chef sichtlich zu unterscheiden: Zwischen "Anständigen" und "Unanständigen" , zwischen Christen und Moslems. "Viele anständige Menschen sind zugewandert und haben sich integriert" , sagt Strache: "Polen, Ungarn, Kroaten, auch Serben. Wir sind europäische Brüder, weil wir nicht islamisiert werden wollen." "Angst" kriege man hingegen, wenn Frauen mit Burka "wie weibliche Ninjas" unterwegs seien. Keine Minarette will Strache, und keine "sozialen Sonderleistungen" für jeden beliebigen Zuwanderer. Der blaue Kandidat hört sich gerne reden, erst nach über einer Stunde räumt er die Bühne. Zur Bundeshymne schwenkt Strache noch die österreichische Flagge, ehe zwischen Fans und Gegnern die ersten Bierflaschen fliegen. (Gerald John/DER STANDARD-Printausgabe, 27./28. September 2008)