Die ÖVP ist an diesem Wahltag zweifach gescheitert: Zum einen hat der ÖVP ihr Versuch, aus dem Koalitionsausbruch politisches Kapital zu schlagen, das historisch schlechteste Ergebnis beschert. Zum zweiten ist Wolfgang Schüssels Strategie, Jörg Haider durch Einbindung zu "zähmen", endgültig gescheitert.

Zusammen haben die FPÖ und das inzwischen abgespaltene BZÖ knapp 30 Prozent der Stimmen bekommen. Das ist über dem bisher besten Ergebnis der damals noch geeinten Freiheitlichen im Oktober 1999 mit 26,9 Prozent.

Es ist nicht auszuschließen, dass es Schüssel noch einmal wissen will und nach 2000 und 2002 erneut probiert, eine Koalition mit den Rechten zu schmieden. Nur so könnte er noch einmal Bundeskanzler werden und die Schmach von 2006 ausmerzen. Es kommt jetzt darauf an, ob sich Josef Pröll in der ÖVP durchsetzen kann und Werner Faymann mit ihm eine rot-schwarze Koalition bilden kann.

FPÖund BZÖ haben vom Dauerstreit in der großen Koalition profitiert. Sie brauchten nichts weiter zu tun, als Proteststimmen zu sammeln, zumal die Kleinparteien nach einem relativ starken Start den Schwung nicht halten konnten.

Das Erstarken des dritten Lagers ist aber auch den bisherigen Volksparteien zuzuschreiben. Die ÖVP ist mit dem Versuch gescheitert, Stimmen am rechten Rand durch einen akzentuierten Anti-Ausländerwahlkampf zu gewinnen. Ausländer standen zwar nicht im Mittelpunkt dieses Wahlkampfes. Indem die ÖVP gegen Zuwanderer Stimmung machte und Law and Order predigte, senkten ÖVP-Politiker die Hemmschwelle und machte damit auch die Thesen der rechten Parteien salonfähig.

Die SPÖ trug ebenfalls dazu bei, dass dieser Wahlkampf als populistisch in die Annalen eingehen wird. Die Forderungen nach Berücksichtigung der so genannten "kleinen Leute", etwa durch einen Teuerungsausgleich, ließen die Grenzen der einzelnen Parteien verschwimmen.

Aussagen von Faymann und Haider, der sich in diesem Wahlkampf noch dazu betont seriös gab, waren sich zum Verwechseln ähnlich. Die Missachtung demokratischer Spielregeln, mit denen Haider durch das Negieren von Gerichtsentscheiden seit Jahren auffällt, kann inzwischen auch der SPÖ zum Vorwurf gemacht werden, weil Faymann und Alfred Gusenbauer die Änderung der EU-Linie ohne vorherige Konsultation der Parteigremien via Kronen Zeitung bekannt gaben.

Das massive Trommeln der Kronen Zeitung hat Faymann zwar den Wahlsieg beschert, die SPÖ aber nicht vor beträchtlichen Verlusten bewahrt. Wenn das Massenblatt wie bei anderen Urnengängen für Haider mobil gemacht hätte, wäre das rechte Lager noch stärker geworden.

Einer Vereinigung von BZÖund FPÖ steht - noch - Strache im Weg, Haider versucht schon seit Monaten, für ein Modell, das CDUund CSUseit 1949 praktizieren, zu werben. Strache wird viel Widerstandskraft brauchen, um sich dem Druck Richtung Zusammenschluss auch aus den eigenen Reihen zu widersetzen. Eine rot-blaue Koalition ist für ihn nicht zuletzt deshalb eine willkommene Option, weil damit das BZÖ ausgeklammert wäre.

Welche Koalition auch immer herauskommt: In Europa wird man auf dieses Wahlergebnis schauen. Sanktionen wird es aber nicht mehr geben, zumal die EU-Staaten dies im Falle Italiens nach der Beteiligung der Postfaschisten an der Regierung Silvio Berlusconis 2001 unterlassen hatten. Das Fazit dieses Wahltages ist: Rechtsaußen ist in Österreich stärker denn je. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, Printausgabe, 29.9.2008)