Für den steirischen LH Franz Voves ist der Rechtsruck der Republik "eine Schande". Die SP erreichte bei den Steirern 31 Prozent.

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Auch in der Steiermark sitzen die Sieger im rechten Lager: Ob in den Industriestädten und Arbeiterbezirken der Obersteiermark, den Agrargemeinden der Süd- und Oststeiermark, ob im Grazer Speckgürtel oder in den Sprengeln der Landeshauptstadt: Das BZÖ legte mit rund 13 Prozent sogar noch stärker zu als in anderen Bundesländern, die FPÖ blieb unter ihren Erwartungen, gewann aber durchschnittlich rund sieben Prozentpunkte und landete bei rund 18 Prozent. Die SPÖ verlor durchschnittlich acht Prozent, die ÖVP über elf. Sogar bei einst unantastbaren Kernwählern am Land verlor die Volkspartei dramatisch.

Frust am Karmeliterplatz

Nach dem Vorliegen der ersten Ergebnisse breitete sich am Grazer Karmeliterplatz, dem Sitz der ÖVP-Zentrale, schon am frühen Nachmittag die Depression aus: Aus den vorbereiteten Siegesflöten wurden Frust-Achterln. Die Hiobsbotschaften kamen im Stakkato: minus 12,72 Prozent im obersteirischen Flatschach, minus 13,4 in der südlichen Landwirtschaftsgemeinde Breitenfeld. Wenig später kam es knüppeldick. In ehemals schwarzen Gemeinden verlor man bis zu minus 27 Prozent. Die ehemaligen VP-Wähler wechselten ganz offensichtlich ins orange Lager.

VP-Landesgeschäftsführer Bernhard Rinner hatte angesichts der erschreckenden Trends, die auf seinem Tisch lagen, rasch einen Therapievorschlag parat: "Die ÖVP braucht jetzt eine Selbstreinigung und Neuausrichtung. Und wir hätten im Frühjahr wählen müssen."

Nicht ganz so arg erwischte es die SPÖ. Sie konnte nach den ersten Gemeinden sogar einigermaßen aufatmen: Nur einige wenige Prozentpunkte Verlust. Doch dann bekamen auch in der SPÖ die Funktionäre und Politiker rote Köpfe. Die dritte Landtagspräsidentin, Barbara Gross, verrät ihren Genossinnen in der "Skybox" auf dem Dach der Parteizentrale in der Eggenberger Allee: "Ich sag 's euch, ich hab heut' echt den Horror!"

Es ist der Rechtsruck, der ihr das Gruseln bereitet. Auch bei SP-Landesrat Kurt Flecker und Frauenministerin Heidrun Silhavy ist die Stimmung auf der Terrasse gedrückt, obwohl die Partei von Landeshauptmann Franz Voves mit 31 Prozent deutlich vor der Landes-VP liegt. "Ich schließe eine rechtskonservative Regierung nicht aus" , kommentiert Silhavy das Ergebnis gegenüber dem Standard. Flecker zeigt sich angesichts der rechten Zugewinne "sprachlos" und warnt die ÖVP vor einem rechten Bündnis: "Beide Großparteien haben jetzt die letzte Chance, sich durch verantwortungsvolle Zusammenarbeit gegen den rechten Block zu positionieren." Auch der steirische Regierungspartner, die Landes-VP, müsse sich am Riemen reißen, sonst werde es bei der Landtagswahl 2010 "die SPÖ und vor allem die ÖVP zerbröseln".

Auch die steirischen Grünen sind "völlig entsetzt" über den Sieg von FPÖ und BZÖ, so Landespartei-Sprecher Bernd Hadler. Trotz der 5,7 Prozent (ein Plus von 0,36 Prozent) kommt keine rechte Freude auf, "obwohl es das beste steirsche Ergebnis bei einer Nationalratswahl überhaupt ist".

Bei den Nachbarn der Grünen in der Grazer Jungferngasse herrscht indes Jubel: Als "schöne Sache" bezeichnet BZÖ-Chef Gerald Grosz seine 13,7 Prozent voller Freude. (DER STANDARD, Printausgabe, 29.9.2008)