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Laut einer vorläufigen Schnellauszählung haben über 60 Prozent der Bürger für die neue Verfassung und damit mehr Macht für Präsident Rafael Correa gestimmt.

Foto: AP/Fernando Vergara

Quito/Puebla - Nach Kuba, Venezuela und Bolivien bekommt auch Ecuador eine sozialistische Verfassung: Bei dem Referendum am Sonntag stimmten ersten Nachwahlbefragungen zufolge zwischen 63 und 70 Prozent der Ecuadorianer für den Verfassungsentwurf, den Präsident Rafael Correa vorgelegt hatte. Von einer "Ohrfeige für die verlogene Oligarchie" sprach der Staatschef, der schon kurz nach der Schließung der Wahllokale vor hunderten Anhängern seinen Sieg feierte. Das Ergebnis ist ein wichtiger Schritt für das Projekt des linken Ökonomen, dem krisengeschüttelten Andenstaat ein neues wirtschaftliches und politisches Fundament zu geben.

"Wir schreiben heute Geschichte", verkündete Correa und rief die Opposition auf, das Kriegsbeil zu begraben. Dass er sich für seine Siegesfeier ausgerechnet Guayaquil ausgesucht hatte und nicht die Hauptstadt Quito, hat Symbolwert: Die Wirtschaftsmetropole ist eine Bastion der Opposition. In Guayaquil wiesen die Nachwahlbefragungen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Gegnern und Befürwortern aus.

Wesentliche Änderungen im Vergleich zur vorherigen, gerade einmal zehn Jahre alten Verfassung sind das Wahlrecht ab 16, ein klares Bekenntnis zum Pazifismus und das Verbot ausländischer Militärbasen. Die USA unterhalten in der Hafenstadt Manta eine Basis für den Anti-Drogen-Kampf. Zudem wird Ecuador auf Betreiben der 3,5 Millionen Indigenas als "plurinational" definiert - was die Tür für Autonomiestatuten öffnet. Die staatliche Hoheit über die Bodenschätze wird festgeschrieben, vor allem über das Erdöl und die Minen. Die Wirtschaftsordnung wird als "sozial und solidarisch" definiert, Wirtschafts- und Finanzkonzerne dürfen fortan keine Medien mehr besitzen. Betroffen davon ist vor allem der private Oppositionssender Teleamazonas.

Ermöglicht wird außerdem die einmalige Wiederwahl des Staatschefs, womit Correa theoretisch bis 2017 im Amt bleiben könnte. Für einen deutlichen Fortschritt halten Experten das neue Misstrauensvotum, das Neuwahlen vorsieht, wenn das Parlament die Regierung absetzt oder wenn die Regierung das Parlament auflöst. In der Vergangenheit hatten Machtkämpfe zwischen Exekutive und Legislative das Land in Staatskrisen gestürzt. (Sandra Weiss/DER STANDARD, Printausgabe, 30.9.2008)