Manche Menschen altern eben langsamer als andere. Oder gar nicht. Herbie Hancock merkt man äußerlich in keinster Weise an, dass er längst zur Großväter-Generation zählt. Und auch musikalisch ist der 68-Jährige immer noch für Überraschungen gut: Die jüngste lieferte der Pianist am 10. Februar dieses Jahres, als sich sein Joni-Mitchell-Tribut "River: The Joni Letters" u. a. gegen Werke von Amy Winehouse und Kanye West durchsetzte und mit dem Grammy für das "Album des Jahres" prämiert wurde - als erst zweite Jazzplatte überhaupt und die erste seit "Getz/Gilberto" von Stan Getz, João Gilberto und Antonio Carlos Jobim anno 1964.
Dass Hancock immer schon gerne über den stilistischen Tellerrand geschaut hat, weiß man. "Chameleon", der Funk-Jazz-Renner, eingespielt mit seinen "Headhunters" im Jahre 1973, der Electro-Hit "Rockit", mit dem er 1983 auch die Pop-Charts stürmte, sowie das Album "Future 2 Future", mit dem sich Hancock anno 2001 mit Dancefloor- und Club- Grooves auseinandersetzte, seien in Erinnerung gerufen.
Abseits dessen greift der gebürtige Chicagoer mittlerweile auch gerne wieder in die Tasten akustischer Instrumente. Selbiges wird er heute und morgen im Konzerthaus tun, wenn der jung gebliebene Leader mit mehrheitlich jungen Kapazundern vom Schlage Terence Blanchards (Trompete), Gregoire Marets (Mundharmonika), James Genus' (Bass), Lionel Louekes (Gitarre) und Kendrick Scotts (Schlagzeug) zur Sache kommt. (felb, DER STANDARD - Printausgabe, 30. September 2008)