Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: ZDF/Schmitz

Charlotte Roche als Müllfrau.

Foto: dpa

Wien - Über Analfissuren gleich ein ganzes Buch zu schreiben bereitet Charlotte Roche kein Problem. Am Totenbett eines Verstorbenen wankt die Schriftstellerin, die mit "Feuchtgebiete" einen saftigen Bestseller landete, aber plötzlich. "Ich bin ganz zittrig", sagt sie leise und lacht dem Bestatter verlegen ins Gesicht. Der tröstet nur ein bisschen: "So geht es jedem beim ersten Mal."

Das erste Mal erlebt Roche ab Mittwoch auf 3sat um 23.15 Uhr wieder und wieder. In fünf Folgen entführt sie ihr Publikum in ihr fremde Lebenswelten. Unter Bestattern, Altenpflegern, Jägern, Truckern oder bei der Müllabfuhr vertreibt sich die Autorin die Zeit.

So viel von den Berufen dürfen die Ständevertreter aber nicht preisgeben. Roche drückt jedem State- ment ihren individuellen Stempel auf. Der Truck-Fahrer gesteht auf der Fahrt Gewichtsprobleme, dass er Süßigkeiten nicht widerstehen kann, Roche fordert zwischendurch "Pipipause" ein. Vor dem aufgebahrten Toten beim Bestatter verliert sie kurz die Fassung: "Ja, ich verstehe, dass es nicht anormal ist, aber wenn man das noch nie gesehen hat, dann kann man sich ja noch so oft sagen, dass es normal ist." "Ich freu mich immer total, wenn die Müllmänner kommen", schwärmt sie. Ihrem Lehrherrn ist so viel Euphorie schon fast peinlich.

Auf die Kunst der Improvisation kam es dem Kultursender 3sat an, als der Sender gemeinsam mit der Dreißigjährigen die Dokusoap "Charlotte Roche unter ..." entwickelte. Lehrling Roche wusste vor Drehbeginn keine Namen, nur den Beruf, in den sie einen Tag eingeschleust wurde. Fazit: Man muss die Protagonistin kennen und sehr mögen, um das spannend zu finden. (Doris Priesching/DER STANDARD; Printausgabe, 1.10.2008)