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Anfang Mai freute sich Dieter Noli, Chefarchäologe des Southern Africa Institute of Maritime Archaeological Researc, als ihm das Ausmaß des Fundes klar wurde. Nun allerdings bestimmt Hektik die Arbeit der Experten: nur mehr bis zum 10. Oktober können sie das Wrack untersuchen.

Foto: AP/Namdeb Diamond Corporation

Oranjemund - Es ist wahrscheinlich der größte Schatz, der je vor der Küste Afrikas gefunden wurde, doch den Archäologen läuft die Zeit davon. Am 10. Oktober müssen die Experten ihre Untersuchungen an dem 500 Jahre alten portugiesischen Schiff vor Namibia einstellen. Länger kann die namibische Regierung es sich einfach nicht leisten, die Expedition zu unterstützen. Was bis Freitag kommender Woche nicht an Land geholt werden kann, wird dann vermutlich für immer im Atlantik verschwinden.

Rund sechs Monate ist es her, dass Bergarbeiter der namibischen Diamantengesellschaft Namdeb an der Skelettküste auf das Wrack eines rund 500 Jahre alten portugiesischen Schiffs stießen. Mit Hilfe von Sandwällen hatten sie einen Teil des Meeres trockengelegt. "Einer der Arbeiter entdeckte dann ungewöhnliche Holzmuster und runde Steine", erzählt der namibische Archäologe Dieter Noli. Die Steine entpuppten sich als alte Kanonenkugeln. Dass überhaupt an dieser Stelle ein Wrack gefunden wurde, war an sich noch nicht so sensationell: An der gefährlichen Skelettküste gingen im Laufe der Jahrhunderte schon Hunderte Schiffe unter.

Kulturell unbezahlbarer Fund

Doch dieser Fund war etwas Besonderes; das war den Experten sehr schnell klar. "Dieses Schiff ist das besterhaltene außerhalb Portugals", sagt Francisco Alves, Meeresarchäologe aus Lissabon. "Die riesigen Mengen an Goldmünzen machen es vermutlich zum größten Fund in Afrika, wenn man Ägypten einmal ausnimmt." Kulturell sei diese Entdeckung "unbezahlbar". Der schiere Umfang des Schatzes ist schon unglaublich: 13 Tonnen Kupferbarren, mehr als 2.300 Goldmünzen mit einem Gesamtgewicht von 21 Kilogramm und eineinhalb Kilogramm Silbermünzen konnten die Forscher bisher bergen. Dazu sechs Bronzekanonen, acht Tonnen Zinngeschirr und mehr als 50 Elfenbein-Stoßzähne, die zusammen 600 Kilogramm auf die Waage bringen.

Anfangs meinten die Wissenschafter, nach mehr als 500 Jahren das verschollene Schiff des portugiesischen Entdeckers Bartolomeo Diaz gefunden zu haben. Diaz hatte als erster Europäer 1488 die Südspitze Afrikas umsegelt. Wo heute die Hafenstadt Lüderitz liegt, rund 750 Kilometer südwestlich der namibischen Hauptstadt Windhoek, stellte der Abenteurer ein Steinkreuz zu Ehren des portugiesischen Königs auf. Um das Jahr 1500 herum verschwanden Diaz, sein Schiff und die gesamte Besatzung. Das Wrack wurde nie gefunden.

Rätsel um Herkunft

Die Hoffnung, dass das Schatzschiff an der Skelettküste dem berühmten Entdecker gehört haben könnte, zerschlug sich jedoch schon bald: Einige der gefundenen Münzen waren im Oktober 1525 in Portugal geprägt worden - 25 Jahre nach Diaz. Damit bleibt die Herkunft des Wracks ein Rätsel. "Etwa 70 Prozent der Münzen stammen aus Spanien, der Rest aus Portugal", sagt Alves. Die Kupferbarren weisen hingegen dreigezackte Kerben auf, die für die deutsche Kaufmanns- und Bankfamilie Fugger typisch waren, wie der südafrikanische Archäologe Bruno Werz sagt. Die Fugger-Familie habe zu jener Zeit Handel mit Portugal getrieben.

Viel Zeit bleibt den Forschern nun nicht mehr, um die Spuren des mysteriösen Schiffes zu sichern. Dass sie überhaupt so lange auf Schatzsuche gehen konnten, verdanken sie dem namibischen Kulturministerium und der staatlichen Diamantengesellschaft. Die Minengesellschaft schützt die Fundstelle nach wie vor mit Sandwällen vor dem Meer. Jeder Expeditionstag koste den Staat 100.000 namibische Dollar (rund 8.500 Euro), rechnet der zuständige Beamte im Kulturministerium, Peingeondjabi Shipoh, vor. Ein teures Unterfangen - selbst dafür, dass die Forscher den Wert des Schatzes auf mehr als 100 Millionen Dollar (71,0 Millionen Euro) beziffern.

"Am 10. Oktober werden die Wälle eingerissen und die Schiffsüberreste werden wieder den Elementen überlassen", sagt Shipoh mit Bestimmtheit. Dem internationalen Seerecht zufolge gehört der Schatz dann Namibia. Die Münzen sollen vorerst in einen Tresor kommen. Später will das Land die Fundstücke in einer Ausstellung zeigen. Und irgendwann soll in Oranjemund sogar ein eigenes Museum gebaut werden. Bis dahin wird der Schatz erst einmal wieder verschwinden. (APA/red)