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Jean-Christophe Mitterrand (re.), Sohn des früheren französischen Präsidenten, hier auf einem Archiv-Bild aus dem Jahre 1981, spielte eine Schlüsselrolle in der Affäre.

 

 

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Dieser Eisenwarenladen konnte sich sehen lassen: 420 Panzer, zwölf Hubschrauber, sechs Kriegsschiffe, 150.000 Granaten und etliches mehr gelangte in den Neunzigerjahren auf obskuren Wegen aus alten Sowjetbeständen nach Angola, wo Präsident José Dos Santos mit den Unita-Rebellen aufräumen wollte. An alles hatten die Waffenhändler gedacht: Zu den 170.000 Personenminen lieferten sie gleich noch die Entminungsgeräte mit.

Die Öffentlichkeit erfuhr davon nichts. Während Waffenexporte auch geringeren Ausmaßes sonst das grüne Licht der betroffenen Staaten erfordern, wurde dieser 790-Millionen-Dollar-Deal durch Geschäftsleute in Pariser Luxushotels ausgehandelt. Ans Licht kam er nur dank dem Untersuchungsrichter Philippe Courroye; am Montag begann in Paris der Prozess.

42 Personen sind des illegalen Waffenhandels, der Veruntreuung und der Geldwäscherei angeklagt - allen voran der französische Waffenschieber Pierre Falcone, der in Afrika so manchen Putschisten zur nötigen Artillerie verholfen hat. Den Kontakt zu den Generälen der implodierten Sowjetunion stellte der Geschäftsmann Arcadi Gaydamek her, der sich durch Flucht nach Israel dem Prozess entzog.

Für die Angola-Connection sorgten eine ganze Reihe französischer Politiker und Prominente, die sich im "afrikanischen Hinterhof" der französischen Ex-Kolonien zu Hause fühlen: auf der Rechten der gaullistische Ex-Innenminister Charles Pasqua, auf der Linken Jean-Christophe Mitterrand, der Sohn des damaligen Staatschefs, sowie Präsidentenberater Jacques Attali. Für die Imagepflege erhielt der Bestsellerautor Paul-Loup Sulitzer offenbar 380.000 Euro von Falcone.

Die Angeklagten behaupten, die französische Justiz sei gar nicht zuständig, da der Waffenhandel nur zwischen Moskau und Luanda erfolgt sei. Die Trumpfkarte der Verteidigung ist ein Brief des aktuellen Verteidigungsministers Hervé Morin, laut dem die französische Gesetzgebung mangels Waffentransits durch Frankreich in der Tat "keine Anwendung" finde.

Verträge in Paris ausgehandelt

Rechtlich ist Morins Argument kaum haltbar, da alle Waffenverträge in Paris ausgehandelt und unterzeichnet wurden. Doch die Staatsführung in Paris fürchtet vor allem um Erdöl- und andere Großgeschäfte mit Angola. Präsident Nicolas Sarkozy war zu diesem Zweck im Mai höchstpersönlich nach Luanda gereist.

Trotz des Drucks aus dem Élysée hält die Staatsanwaltschaft am Prozess fest. Die auf zwei Monate angesetzten Verhandlungen werden zeigen, ob die Staatsräson, die wie ein Damoklesschwert über dem Prozess schwebt, einen Einfluss haben wird. Wie gestern kurz vor Prozessbeginn verlautete, verlangt Angola wegen Verletzung diplomatischer "Verteidigungsgeheimnisse" die Einstellung des Prozesses. Dos Santos hat zu erkennen gegeben, dass er, wenn sein persönlicher Freund Falcone verurteilt wird, die mit Sarkozy geschlossenen Erdölgeschäfte nicht einhalten will. (Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Printausgabe, 7.10.2008)