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Foto: REUTERS/Luc Gnago

Im Normalfall werden Auseinandersetzungen zwischen Forschern von der Wissenschaft selbst geregelt. Beim Streit um die Entdeckung des HI-Virus zwischen dem Franzosen Luc Montagnier und seinem US-Rivalen Robert Gallo war die Sache etwas anders. Die Sache wuchs sich zur Staatsaffäre aus, in die sich 1987 sogar François Mitterrand und Ronald Reagan, die damaligen Präsidenten der USA und Frankreichs, als Mediatoren einschalteten.

Am Montag hat das Nobelpreiskomitee in Stockholm den Streit auf seine Weise entschieden: zugunsten des französischen Virologen Montagnier und seiner Kollegin Françoise Barré-Sinoussi und gegen Gallo, der bei der Preisvergabe leer ausging. Auch wenn das unter Fachkollegen einige Irritationen ausgelöst hat.

Der 1932 geborene Montagnier arbeitete nach seinem Medizinstudium in Poitiers zunächst am französischen Forschungsverbund CNRS, ehe er in den 1960er-Jahren - nicht eben typisch für einen französischen Wissenschafter - für einige Jahre nach England ging und dort seine ersten wichtigen Entdeckungen machte.

Auf Vorschlag von Jacques Monod, französischer Medizin-Nobelpreisträger des Jahres 1965, übernahm Montagnier 1971 die Leitung der neu gegründeten Abteilung für virale Krebsforschung am Institut Pasteur. Ebenda gelang ihm mit seiner Mitarbeiterin Françoise Barré-Sinoussi 1983 der große Coup: Im weltweiten Wettrennen nach der Ursache für Aids schafften es die beiden als Erste, ein Virus in den Lymphknotenzellen betroffener Patienten zu isolieren, das sich später als HIV herausstellen sollte.

Die beiden hatten auch ihrem US-Kollegen Robert Gallo Virusproben geschickt, der damit weiterarbeitete, wichtige Entdeckungen machte und auch den ersten Aidstest entwickelte. Der jahrelange, erbittert geführte Rechtsstreit um das Patent endete aber letztlich mit einem Vergleich zugunsten der Franzosen.

Der heute 76-Jährige blieb auch nach seiner Emeritierung im Kampf gegen das HI-Virus und Aids aktiv: So gründete er die World Foundation for Aids Research and Prevention und nahm an zahlreichen Aids-Konferenzen in Afrika teil.

Für seine Leistungen war der verheiratete Vater dreier Kinder bereits mit nahezu allen wichtigen Ehrungen ausgezeichnet worden, die Forscher erhalten können: Der Commandeur der Ehrenlegion ist unter anderem Träger des Japan- und des Lasker-Preises. Und seit Montag designierter Nobelpreisträger. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7. 10. 2008)