Jörg Haider 2003 bei der Präsentation seines Buchs "Zu Gast bei Saddam" .

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Zum Interview in "Al Jazeera" brachte Haider 2002 einen Falken ins Studio mit.F.: Cremer/Al Jazeera

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Jörg Haider hatte wiederholt versprochen, das Geheimnis in später zu schreibenden Memoiren zu lüften: In seinem Zu Gast bei Saddam. Im "Reich des Bösen" - wohl das eigenartigste Buch, das ein Spitzenpolitiker der zweiten Republik je geschrieben hat - berichtete der Kärntner Landeshauptmann davon, dass der irakische Präsident Saddam Hussein ihm bei seinem Besuch in Bagdad im Februar 2002 etwas anvertraute, "worüber ich zu schweigen verpflichtet bin. Aber es festigte die Einstellung, die ich zum Irak und zu den handelnden Personen gewonnen hatte."

Diese "Einstellung" , Haiders Sicht der arabischen und islamischen Welt und seine Sympathie für deren nicht-demokratische Regime, ist komplex: Man mag seinen Antiamerikanismus und seine Zuflucht zum politisch Inkorrekten aus seiner fragwürdigen Interpretation der europäischen Vergangenheit oder als Reaktion auf die eigene Zurückweisung sehen, besonders durch Israel, das ja wegen der FPÖ-Regierungsbeteiligung 2000 seinen Botschafter aus Wien zurückrief. Darüber hinaus suchte Haider wohl auch einfach ein internationales Profilierungsfeld, und sonst wollte ihn niemand.

Kriegsgefangene befreien

Wobei offen bleibt, ob die frappierende Naivität, die aus den Zeugnissen dieser Aktivitäten - wie eben dem eigenen Irak-Buch - herauszulesen ist, echt war, oder er mit der Naivität seiner Anhänger rechnete, die ihm seine internationale Bedeutung abnehmen sollten. Ein Beispiel ist seine Absichtsbekundung 2001, "eine Initiative zur Befreiung der (seit 1991 im Irak verschollenen, Anm.) kuwaitischen Kriegsgefangenen zu starten" - die damals längst alle tot waren. Bei seinem Bagdad-Besuch griff er das Thema tatsächlich auf: Glaubte er wirklich selbst daran?

Selbstverständlich wurden er und seine Emissäre (oft unterwegs: Herbert Scheibner) gerne empfangen, besonders zu jener Zeit, als die FPÖ, später das BZÖ, in der Regierung saß - wobei den arabischen Staatskanzleien wohl nicht immer ganz klar war, dass Haider selbst das nicht tat. Unter einer in seinem Buch publizierten Gästebucheintragung steht auf arabisch als Erläuterung hinter seinem Namen gar "früherer österreichischer Bundeskanzler" . Es sei ihm hier nicht unterstellt, dass er das gewusst hat.

Die arabischen Sympathien für Haider gründeten gewiss auch auf dessen Ablehnung durch Israel, wurden jedoch kurioserweise durch ein linguistisches Missverständnis verstärkt: Viele Araber glauben tatsächlich, dass sein Name "Haider" der arabische war: "Haidar" (in seinen verscheidenen Transkriptionsweisen), eine der Begriffe für "Löwe" und ein Beiname des 4. Kalifen Ali Ibn Abi Talib. (Die Namensverwirrung war übrigens so groß, dass "Heide" Schmidt von manchen Arabern für die Haider-Gattin gehalten wurde.)

Persönliche Beziehungen

Typisch erscheint auch, dass Haider sehr oft über persönliche Kontakte zu engeren Beziehungen zu Ländern kam: Ein klassischer Fall ist der (momentan im politischen Abseits stehende) Sohn des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi, Saif al-Islam, der mit Haider befreundet war. Wobei dazugesagt werden muss, dass Haider den damals noch isolierten Oberst Gaddafi ein paar Monate nach der damaligen Staatssekretärin Benita Ferrero-Waldner in Sirte besuchte - was in der damaligen Berichterstattung völlig fehlte.

Auch im Fall Irak gab es persönliche Bindungen: Da baute der irakische Botschafter in Wien und spätere letzte Außenminister Saddam Husseins die Brücke, Naji al-Sabri, den Haider aufrichtig gemocht zu haben scheint. Haiders Irak-Buch, erschienen im März 2003, strotzt ja von Vorwürfen gegen die USA. In der Literatur zum Irak-Krieg wird jedoch heute als Tatsache behandelt, dass Sabri eine bezahlte CIA-Quelle war. Die Welt war eben noch ein bisschen komplexer, als Jörg Haider dachte.

Dass seine Sympathie für die islamische Welt sich nicht auf muslimische Menschen in Österreich erstreckte, war klar: War er in Bagdad vielleicht an zahlreichen Kirchen vorbeigefahren, so musste das noch lange nicht heißen, dass den Kärntnern Moscheen zuzumuten waren. Auf die Islamophobie der Haider-Partei und ihren gleichzeitigen guten Kontakten zu seinem Land angesprochen, seufzte im Gespräch mit der Standard-Redakteurin ein arabischer Botschafter einmal: "Wir können es uns eben auch nicht aussuchen." (Gudrun Harrer, DER STANDARD, Printausgabe, 13.10.2008)