Wer sich die Fülle neuer Auflagen bei EU-Richtlinien, Bauordnungen, Brandschutz- und Schallschutzbestimmungen und anderen Regeln vor Augen hält, kann sich nicht wundern, dass die Baukosten ständig steigen. Für Walter Stelzhammer, den Vorsitzenden der Architekten in der Bundeskammer der Architekten und Ziviltechniker, lassen sich diese Zusatzkosten auf einen Nenner bringen: weniger Nutzfläche pro Kubatur.
"Ständig verengt das Vorgabenkorsett in der Bautechnik, von der verschärften Auslegung der Erdbebenrichtlinie bis zum Passivhaus kostet uns alles Nutzfläche", sagt er. "Die Bauordnungsnovelle bringt größere Gangbreiten und verschärften Brandschutz." Im Kampf um die Leistbarkeit stehen Architekten daher an vorderster Front.
Die konkrete Folge bei vielen Wohnbauprojekten sei eine Verringerung der Wohnungsgrößen, sagt Stelzhammer. Bei mittelgroßen Wohnungen müssten die Planer die Durchschnittsflächen um rund zehn Prozent senken. In einer Anlage sei er unter Druck gestanden, mehr Zwei- und weniger Drei-zimmerwohnungen zu planen. "Das haben wir nicht gemacht, sondern wir haben versucht, Dreizimmerwohnungen unter 70 Quadratmeter zu schaffen. Die Planerdevise ist, kompaktere Wohnungen zu planen."
Aber mit diesem Trend ist Stelzhammer nicht zufrieden: "Wir müssen uns auch überlegen, ob wir nicht die Standards senken sollten. Denn nur Wohnungen kleiner zu machen ist keine befriedigende Antwort auf die Kostenschere."
Teurerer letzter Grad
Das Hauptproblem liege darin, meint Andreas Kropik, Professor für Bauwirtschaft und Baumanagement an der TU Wien, dass in der Bauwirtschaft allzu oft versucht werde, an sich wünschenswerte Ziele wie eine gute Schall- oder Wärmedämmung bis zu hundert Prozent zu erreichen. Gerade der letzte Grad aber koste nach den Gesetzen der Qualitätsökonomie am meisten Geld.
Gegen die stark gestiegenen Materialpreise bei Stahl, Kupfer oder erdölbasierten Produkten könne die Bauwirtschaft wenig tun. Aber sie hätte andere Möglichkeiten, betont Kropik, etwa bei der Bauflächen- und Konstruktionsplanung.
"Wenn gleiche Tätigkeiten auf gleichen Grundrissen abgewickelt werden, dann kann man Leistungen schneller und billiger erbringen. Der Aufwand wird sofort größer, wenn mehr Ecken und Kanten dabei sind."
Schließlich könnten die Unternehmen auch durch eine bessere Prozessökonomie einsparen, glaubt der Technikprofessor: "Es muss eine Kostenverfolgung geben, wie man die Kosten in den Griff bekommt. Ein Fenster einzubauen war früher ein einfacher Prozess, bei den heutigen Bauten ist es jedes Mal ein neuer Lernprozess. Wenn man das effizienter macht, kann man viel an Kosten sparen." (ef, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.10.2008)