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Beschwichtigung der Buhrufer: John McCain verlangte von seinen Anhängern Ruhe, als er den Sieg des ersten farbigen
Präsidentschaftskandidaten würdigte.

Foto: AP/Kastner

Es ist kurz vor halb zehn an diesem Abend, Pennsylvania ist verlorengegangen und die anderen Swingstates, und darum zieht John McCain nun den Schlussstrich. "Meine Freunde, wir sind an das Ende einer langen Reise gekommen", ruft der Mann mit dem schlohweißen Haar und den Pausbacken in die Nacht hinaus. Hunderte, Tausende sind vor das Hotel in Phoenix, Arizona, gekommen und hören nun den republikanischen Präsidentschaftskandidaten, der seine Niederlage eingesteht.

Es ist ein seltsames Stück, das auf der Bühne dort aufgeführt wird: McCain, der ewige Veteran, hält seine vielleicht wichtigste Rede in diesem Wahlkampf, sicher, gefasst, seine Frau Cindy zur Linken, die ein Jahr lang ihren Mann tapfer bei allen großen Auftritten angekündigt hatte. Und zur Rechten steht Sarah Palin, ein unruhiger Geist.

Vor und zurück trippelt die Gouverneurin von Alaska, die Vizepräsidentin werden sollte, während McCain die einleitenden Sätze hinter sich bringt, den ersten Sturm der Enttäuschung seiner Anhänger auf dem Rasen in Phoenix beruhigt. Eisenhart lächelt sie, den Traum vom zweithöchsten Amt hat die Frau mit der Turmfrisur schon vor Tagen begraben, nicht aber die Aussicht auf einen neuen, den eigenen Präsidentschaftswahlkampf.

"Wir können alle mit großem Interesse auf ihren künftigen Dienst an Alaska, der republikanischen Partei und an unserem Land blicken", lobt John McCain. Doch es war das so ungleiche Duo McCain/Palin, versichern die Kommentatoren nun, das zu dieser schweren Niederlage der Republikaner geführt hat.

Nichts zu deuteln

Der 72-jährige McCain aber findet in dieser Nacht zu seiner eigenen Person zurück. Er ist nicht mehr der alte wütende Mann, der Außenseiter, der hoffnungslos im Nachteil angesichts der Finanzgewalt der Obama-Kampagne gegen den charismatischen Gegner anrennt. "Das amerikanische Volk hat gesprochen, und es hat klar gesprochen", sagt der Senator aus Arizona. Es gibt nichts zu deuteln am Sieg des Demokraten, nichts kleinzureden. Als die Anhänger bei der ersten Erwähnung von Barack Obamas Namen zu buhen beginnen, hebt McCain seine Hände und beschwichtigt. "Bitte", sagt er und verlangt Ruhe. Mit Würde beendet er seine Kandidatur für das Weiße Haus.

Denn McCain sagt in dieser Wahlnacht mehr als die erwarteten Appelle zur Eintracht, den Aufruf, nun nach vorn zu sehen. Der Republikaner, der sich über die Jahre den Ruf eines überparteilichen unabhängig denkenden Politikers erworben hat, feiert in der Stunde seiner Niederlage den gewaltigen Einschnitt in der Geschichte der USA, der die Wahl des ersten farbigen Präsidenten darstellt.

Vor einem Jahrhundert sei die Einladung von Booker T. Washington, einem Farbigen, der als Kind noch Sklave war, zu einem Abendessen im Weißen Haus, in manchen Kreisen als Beleidigung aufgefasst worden, erinnerte McCain seine Zuhörer. Amerika sei heute eine Welt entfernt von der Grausamkeit und Bigotterie jener Zeit: "Senator Obama hat Großes erreicht für sich und sein Land." (Markus Bernath/DER STANDARD, Printausgabe, 06.11.2008)