Wien - Im großen Saal der Diplomatischen Akademie waren Donnerstagabend selbst Stehplätze rar. Gut 300 Gäste hatten sich zur Podiumsdiskussion "US-Wahlen: Außenpolitische Perspektiven" eingefunden. Auf Einladung des Österreichischen Instituts für Internationale Politik, des Forums für Außenpolitik und des Standard kam dazu eine distinguierte Runde zur Sache: Botschafterin Eva Nowotny, erst unlängst von ihrem Posten in New York zurückgekehrt, Dean Yap von der US-Botschaft in Wien und Politologe Heinz Gärtner, dessen Buch "Obama. Weltmacht was nun?" am Tag nach der Wahl des neuen US-Präsidenten erschienen ist.

Nowotny sagte, Barack Obama gehe in eine peinlich genau organisierte Transitionsphase bis zu seinem Antritt am 20. Jänner 2009. "Aber werden wir Europäer ein entsprechendes Gegenüber bieten können? Was erwarten die Amerikaner von uns?"

Yap konnte gleich direkt darauf antworten: "Die zukünftige US-Außenpolitik unter Obama wird eine aktive Rolle der Partner nötig machen. Es wird auch unangenehme Situationen geben, Stichwort: Kampftruppen für Afghanistan. Die Europäer müssen Ernst mit ihrer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik machen, denn Handel und Freundlichkeit allein sind als Maßstäbe für gute transatlantische Beziehungen zu wenig."

Gärtner sagte, dass mit der Wahl endlich auch der Neokonservatismus und die unilateralistische US-Außenpolitik abgewählt worden seien. Obama setze auf Kooperation und Engagement - auch mit Ländern, die nicht zu den Freunden gehörten, wie Russland oder China.

Die Versuche Moskaus, den neuen Präsidenten noch vor seinem Amtsantritt mit der Raketenstationierung in Kaliningrad zu testen, wollte Gärtner nicht überbewerten. "Da gibt es viel Spielraum für Verhandlungen." Nowotny verwies indes auf Briefe von Österreichern an John F.Kennedy, die ihm während der Kubakrise Tipps geben wollten, wie denn "mit dem Russ'" umzugehen sei. Vielleicht will Obama da ja nachlesen. (red/DER STANDARD, Printausgabe, 8.11.2008)