Die globale Finanzkrise strahlt inzwischen von den entwickelten Ländern auf die Schwellenmärkte aus. Sie trifft dabei auch Länder wie Brasilien, Korea und Südafrika, die scheinbar substanzielle und dauerhafte Fortschritte in Richtung gesamtwirtschaftlicher Stabilität gemacht hatten. Aus diesem Grund rückt die künftige Gestaltung des Internationalen Währungsfonds (IWF) rasch an die Spitze der Tagesordnung des Weltfinanzgipfels Mitte November in Washington, bei dem es um die Zukunft des globalen Finanzsystems geht.

Noch vor kurzem schien der IWF zu einer Phase anhaltender Bedeutungslosigkeit verdammt. Er hatte es versäumt, die eurozentrische politische Gewichtung der Führung sowie die obskuren zwischenstaatlichen Kreditfazilitäten zu modernisieren. Plötzlich aber ist der Fonds ins Zentrum gerückt: als einzige Organisation, die imstande scheint, jene teuflische Abwärtsspirale aufzuhalten, die derzeit Aktien und Anleihen in den Schwellenländern ergriffen hat.

Die Führer unserer Welt sollten froh sein, dass der IWF bereit steht, um in der nächsten Phase der globalen Finanzkrise die Führung zu übernehmen, auch wenn seine Kreditressourcen von etwa 250 Milliarden Dollar nicht ausreichen. Allein bei den Unternehmen in den Schwellenländern könnten in den nächsten zwölf Monaten Hunderte Milliarden fällig werden, viel mehr, als die Reserven ihrer Regierungen abdecken können. Und anders als Ben Bernanke, Präsident der amerikanischen Zentralbank, können die Notenbanker der meisten Schwellenmärkte ihren Volkswirtschaften keine Blankoschecks ausstellen. Die zentralen Reformen des IWF bleiben erstens die Verbesserung seiner Führungsstruktur durch Reduzierung des Gewichts Europas und Stärkung jenes Asiens und zweitens die Fokussierung auf Überwachung und Kontrolle statt auf die direkte Bereitstellung von Rettungskrediten. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um diese Änderungen vorzunehmen. Aber es wäre ein schrecklicher Fehler, den IWF durch Ausweitung seiner Kreditfazilitäten lediglich in seiner gegenwärtigen Gestalt aufzublähen.

Die Kreditressourcen des IWF sind in den letzten 50 Jahren im Vergleich zum Welthandel und -einkommen drastisch gesunken. Doch eine Erhöhung dieser Ressourcen auf eine Billion Dollar oder mehr ist keine realistische Alternative. Der IWF verfügt nicht über das passende Rahmenwerk, um jene enormen Kreditausfälle zu handhaben, die mit einem massiven Anstieg des Kreditvolumens leicht einhergehen könnten - und schon gar nicht über den politischen Willen, zwischen solchen Ländern zu differenzieren, die vor echten kurzfristigen Liquiditätsproblemen stehen, und solchen, die tatsächlich Insolvenzprobleme haben.

So verführerisch es auch sein mag, die Kreditvergabe durch den IWF langfristig auszuweiten: Es wäre ein strategischer Fehler. Die reichen Länder müssen zusammen mit China und die Öl exportierenden Staaten des Nahen Ostens kühne Schritte unternehmen, um den Schwellenmärkten aus der Patsche zu helfen, und der IWF kann dabei eine nützliche Rolle spielen. Eine Aufblähung des Fonds ohne ausreichende Verbesserung bei Führung und Kreditbeschränkungen wäre für die Welt des Guten zu viel. (©Project Syndicate, 2008. Aus dem Englischen von Jan Doolan; DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8./9.11.2008)