Hitzewallungen haben am Haus nichts verloren: Die rot markierten Stellen gehören dringend thermisch saniert.

Sinnvoll ist eine Thermografie allerdings nur dann, wenn sie der Fachmann macht.

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Wenn die kalten Tage Einzug halten und die Leute beginnen, ihre Heizkörper immer höher zu drehen, dann sind sie wieder unterwegs: die Frauen und Männer mit den gelben Fotopistolen. Mit ausgestrecktem Arm stehen sie auf der Straße und richten ihre sogenannten Wärmebild-Kameras aufs Haus. Für den Laien liefert diese hübsche, bunte Bildchen in allen möglichen Regenbogenfarben. Doch der Profi weiß: Wenn man auf den Fotos mehr erkennt als nur Gelb- und Grüntöne, dann herrscht dringender Sanierungsbedarf.

"Bei der Thermografie misst eine Wärmebild-Kamera die Oberflächentemperatur eines Hauses", erklärt Friedrich Mendel, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Thermografie. "Die Temperatur der Wände gibt Aufschluss über die bauphysikalische Qualität des Objekts, etwa ob die Wärmedämmung ausreichend oder ob das Gebäude winddicht ist."

"Man muss auf der Hut sein"

Im Klartext: Abgedichtete und gut gedämmte Häuser behalten die Wärme im Inneren, wo sie auch hingehört. Die Wände erscheinen auf dem Thermogramm, also auf dem Wärmebild, in kühlen und hellen Farbtönen. Ist das Gebäude - oder zumindest Teile davon - jedoch rot oder orange, so weiß der Bewohner auf Anhieb, dass er es nicht nur im Wohnzimmer schön warm hat, sondern gleich die ganze Straße mitheizt.

"Thermografie ist eine gute Sache", sagt Mendel, "aber man muss sehr auf der Hut sein, denn in den letzten Jahren wurde mit dieser Messmethode viel Schindluder getrieben." Immer mehr Sparkassen und Bausparinstitute böten ihren Kunden Wärmebilder zum Diskontpreis an. Bisweilen bekäme man bereits für 100 Euro eine wärmetechnische Auswertung seines Einfamilienhauses. "In der Regel sind diese Messungen nichts wert. Sie sind ungenau und dienen vor allem dazu, die Bewohner zum Sanieren und somit zum Kreditaufnehmen zu bewegen."

Für eine umfangreiche und seriöse thermografische Dokumentation eines Einfamilienhauses muss man mit 500 bis 600 Euro rechnen. "Die meisten glauben, dass es mit einigen Außenaufnahmen getan ist", sagt Gutachter Wolfgang Past, "doch von der Straße aus sieht man nur die Außenwände. Andere Bauteile wie etwa Kellerdecken, Lichthöfe, Geschoßdecken und Dachgeschoß können nur in Form von Innenraum-Messungen aufgenommen werden." Past rät: "Wenn Sie es mit einem Fachmann zu tun haben, der nicht einmal die Absicht hat, ins Haus reinzugehen, dann sollten Sie womöglich jemanden anderen beauftragen." Im Zweifelsfall gilt: Gewerbeberechtigung vorweisen lassen!

Messung vor der Dämmerung

Eine ordentliche Infrarot-Messung mittels Kamera erfolgt im Winter, wenn die Differenz zwischen Außenluft und Innenraumtemperatur rund 15 Grad Celsius beträgt - nur dann können aussagekräftige Resultate garantiert werden. Sinnvoll ist es, in den frühen Morgenstunden noch vor der Dämmerung zu beginnen. Üblicherweise dauert eine Fotosession zwischen vier und sechs Stunden.

Einige Stunden vor der Messung sollte die Heizung abgedreht werden, große Möbel wie Sofa, Bücherregale und Schränke müssen von der Wand abgerückt werden, damit die Luft frei zirkulieren kann.

Was hat der Bewohner von einer solchen Investition? "Man lernt auf einfache Weise die Schwachstellen seines Hauses kennen", sagt Karin Stieldorf von der Arbeitsgruppe für nachhaltiges Bauen an der TU Wien, "anhand einer hochwertigen Thermografie kann ein Profi im Nu feststellen, wo ein Fensteraustausch, eine zusätzliche Abdichtung oder eine neue Eindämmung des Hauses sinnvoll ist."

Wer ernsthaft an eine Sanierung seines Zuhauses denkt, der ist mit einer Thermografie gut beraten. Bei knapper Kasse muss die Rechnung stimmen. Wäre doch schade, wenn man angesichts viel zu hoher Heizkosten seinem Haus eine neue Wärmedämmung verpasst - nur um im Nachhinein festzustellen, dass es eine neue Fensterdichtung auch getan hätte.  (Wojciech Czaja, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8./9.11.2008)