Wien - Wie FSME-, Dengue- und andere Flaviviren in Zellen eindringen, zeigen Experten des Klinischen Instituts für Virologie der MedUni Wien. Den ForscherInnen ist es gelungen, einen molekularen Schalter zu identifizieren, den diese Krankheitserreger benötigen, um mit der Membran anvisierter Zellen zu verschmelzen. Die wissenschaftliche Arbeit wurde vor kurzem im "Journal of Cell Biology" publiziert und könnte erstmals den Weg in Richtung einer Therapie solcher Infektionen ebnen.

Verschmelzung

Flaviviren sind kleine membran-umhüllte Viren; neben den eingangs genannten zählen das West Nil Virus und das Japanische Enzephalitis Virus dazu. Diese Viren werden über einen zellulären Mechanismus, die sogenannte rezeptorvermittelte Endozytose, aufgenommen und verschmelzen ihre Membran mit der von Endosomen. Diese Verschmelzung der Membranen (Fusion) ist ein essenzieller Schritt im Lebenszyklus umhüllter Viren und ermöglicht die Freisetzung ihrer genetischen Information in das Zytoplasma der Wirtszelle.

"Wir haben diesen Mechanismus am Beispiel des FSME-Virus untersucht", so Institutsleiter Franz X. Heinz. Die Einrichtung hat eine jahrzehntelange Erfahrung in der Erforschung dieser Krankheitserreger und hat ehemals auch den ersten Impfstoff gegen die FSME entwickelt.

Der spezifische Auslöser

Die Fusion der Viren mit Zellen wird jedenfalls von viralen Membranproteinen (Fusionsproteinen) vermittelt, die - als Antwort auf einen spezifischen Auslöser ("Trigger") - ihre Konformation dramatisch verändern und dadurch die beiden Membranen fusionieren. Im Falle von Flaviviren dient der saure pH-Wert der Endosomen als "Trigger". Um spezifische Aminosäuren als solche pH-Sensoren identifizieren zu können, konzentrierten sich die Forscher auf Histidine (Aminosäure) im Flavi-Virus-Fusionsprotein E.

Aminosäuren ersetzt

In der Studie ersetzten die Autoren die fünf in verschiedenen FSME-Viren immer vorkommenden Histidine des Proteins mit anderen Aminosäuren und untersuchten die Auswirkungen auf den Fusionsprozess. Erstaunlicherweise erwies sich die Substitution nur eines Histidins (Histidin 323) als ausreichend, um die Fusion vollständig zum Erliegen zu bringen. Einzelne Mutationen der anderen drei Kandidaten beeinflussten diesen Vorgang in keiner Weise. Die Substitution des vierten Histidins zerstörte das Fusionsprotein.

Durch diese Analysen gelang es zum ersten Mal bei einem viralen Fusionsprotein einen spezifischen pH-Sensor zu identifizieren, der am Beginn der Fusion eine entscheidende Rolle spielt, und diesen näher zu charakterisieren. Das könnte der Ausgangspunkt für die Entwicklung erster Medikamente gegen Flavi-Virus-Erkrankungen sein.

Bei HIV (einem Retrovirus) gibt es seit einigen Jahren "Fusionshemmer", welche die Virusbelastung von HIV-Infizierten eingrenzen. (APA/red)