Wien - Jeden Tag tauchen neue Namen im möglichen Ministerreigen auf - lediglich für ein Ressort drängen sich die Kandidaten nicht gerade auf: Das Gesundheitsmi- nisterium wird wie eine heiße Kartoffel zwischen SPÖ und ÖVP hin- und hergeschoben. Außer Streit scheint nur zu stehen, dass die Gesundheit ein eigenes Ressort bekommt und wieder von der Familie entkoppelt wird. Denn der Nachfolger von Andrea Kdolsky (ÖVP) wird auch in einem monothematischen Ministerium alle Hände voll zu tun haben.

Dass einigen Gebietskrankenkassen der Konkurs droht, ist das dringlichste unter allen Problemen, dem sich der neue Ressortchef widmen muss. Genau wie seine Vorgängerin, die sich wünschte, "dass mehr Kompetenz im Ressort zusammenläuft", wird er dabei bald an seine Grenzen stoßen: Die Kassen verwalten sich selbst, die Spitäler befinden sich in Länderverantwortung, und andere wichtige Player im System - wie die Ärztekammer (ÄK) - tun ohnehin, was sie wollen.

Und die Finanzierungsströme sind mehr als undurchsichtig. Da hilft es zwar, wenn der neue Ressortchef wie Kdolsky aus dem Herzen des Systems kommt und sich mit seinen Tücken auskennt - letztlich bleibt ihm aber bloß die Rolle des Vermittlers.

Daher wäre es nur konsequent, schlug ÄK-Präsident Walter Dorner vor, wenn sich Sozialversicherungen und Ärzte gleich bilateral ausmachen würden, welche Reformen sie gerne hätten. Gesetze seien dazu "nicht nötig", denn "man muss dem Österreicher auch zubilligen, sein Hirn zu verwenden".

Es waren freilich die Ärzte, die am vehementesten gegen das Kassensanierungspaket auftraten, sie schlossen sogar für einige Tage ihre Ordinationen. Vor allem "aut idem" - also die Wirkstoffverschreibung durch den Arzt, bei der der Apotheker das konkrete Medikament aussucht - ließ ÄK-Präsident Dorner befürchten, die Regierung wolle "das bewährte österreichische Gesundheitssystem nachhaltig zum Schlechten verändern".

"Weltuntergangsszenarien" nannte dies Patientenanwalt Gerald Bachinger. Seine Hoffnung, die Parlamentarier würden sich "nicht vom Streik erpressen lassen", war vergebens - das Gesundheitsreförmchen scheiterte, kurz bevor die große Koalition insgesamt scheiterte.

Umso überraschender mutet es an, dass die Gesundheit im Wahlkampf kein Thema war. Zu kompliziert und zu heikel ist das Thema, zu unpopulär sind Maßnahmen wie neue Selbstbehalte, die derzeit diskutiert werden: Unter den Werbern der Parteien scheint dies schon seit längerem Common Sense zu sein. (Andrea Heigl/DER STANDARD, Printausgabe, 17.11.2008)