Skopje/Belgrad - Die Entscheidung der mazedonischen Regierung, Griechenland beim Internationalen Gerichtshof (IGH) zu verklagen, stellte am Montag auch für Staatschef Branko Crvenkovski eine Überraschung dar. Er wurde nämlich erst am Montagnachmittag bei einem Treffen mit Premier Nikola Gruevski über die Klage informiert, meldeten Medien.

Das Verhalten der Regierung, die ihre Entscheidung über eine Schlüsselfrage der Außenpolitik ohne jegliche Beratung mit dem Staatschef gefasst habe, stünde im Widerspruch zur Verfassung und zum Gesetz über auswärtige Angelegenheiten, teilte das Kabinett des Staatschefs in einer Aussendung mit, auf die sich am Dienstag mazedonische Medien berufen. "Premier (Nikola) Gruevski und die Regierung haben endgültig die gesamte Verantwortung für die Lösung des (Namens-)Streits (mit Griechenland) und den Erfolg oder Misserfolg unserer Eingliederung in die Europäische Union und die NATO übernommen", steht ferner in der Aussendung.

Bilaterales Abkommen

In der mazedonischen IGH-Klage wird Griechenland die Verletzung eines bilateralen Interimsabkommens aus dem Jahr 1995 angelastet. Athen soll demnach gegen das Abkommen durch ihr Veto gegen die Aufnahme Mazedoniens in die NATO-Allianz im April verstoßen haben. Entsprechend dem Abkommen war Griechenland nämlich verpflichtet, keine Einsprüche gegen die Mitgliedschaft Mazedoniens in "internationalen, multilateralen und regionalen Organisationen, deren Mitglied es ist", zu erheben.

Der griechisch-mazedonische Namensstreit datiert aus den frühen 90er Jahren. Athen sieht im Verfassungsnamen seines Nachbarn - Republik Mazedonien - einen Gebietsanspruch auf seine gleichnamige Provinz. Die Verhandlungen unter UNO-Vermittlung führten bisher zu keiner Lösung. Präsident Crvenkovski hatte Anfang November den bisherigen Vertreter Mazedoniens in den Verhandlungen, Nikola Dimitrov, abberufen. Regierungschef Gruevski bestellte noch keinen Nachfolger.

Mazedonien war wegen des Namensstreits mit Griechenland im Jahr 1992 unter dem vorläufigen Namen "Frühere Jugoslawische Republika Mazedonien" in die Vereinten Nationen aufgenommen worden. Nach Angaben der mazedonischen Behörden wurde der Staat inzwischen von mehr als 120 Staaten unter seinem Verfassungsnamen anerkannt. (APA)