Foto: Heribert Corn

Wien - Spätestens seit Christina Stürmer und ihrem in Österreich flächendeckend erfolgreichen bundesdeutschen Robotergesang kennt der Austropop kein gutes Wort mehr. Das Singen in als unvermittelter Dialekt gedeuteter Muttersprache ist zu einem forschen RTL-Genöle geworden. Mit dem Bus Durch London? Hallo, in Wien haben sie gerade den J-Wagen eingestellt! Des is Oarsch! Letzte gallische Dörfer, die authentischen Widerstand leisten: Attwenger oder Ernst Molden. Danach wird es finster und Effemmvierig.

Der mit seiner alten Band Twist Of Fate in Westösterreich weltbekannte und innige Vorarlberger Bluesmann Berni Weber und seine neue Band Schellinski lassen sich textlich gern von Freund Michael Köhlmeier zuliefern. Abendland gut und schön. Vom jungen Menschen wird heute aber gern vergessen, dass er in den 70er-Jahren mit Reinhold Bilgeri als Popstar die inoffizielle Vorarlberger Landeshymne Oho Vorarlberg komponierte und zwischendurch immer wieder das gelobte Land namens "Americana" an der Gitarre aufleben ließ: "A Texanerr wia üsroana."

Das aktuelle Schellinski-Album mit dem schönen Namen Herz Schmerz Hotel holt den Hörer trotz kleinerer Sprachbarrieren wie dem Arlberg auch in diesem heimatverbundenen Wandervogelsinn ab - um mit ihm musikalisch dorthin zu gehen, wo Heimat als Ideal des Herzens und nicht als Stammhirnwahlverhalten gedeutet wird.

Wir hören neben Köhlmeier-Lyrics wie dem Titelstück jetzt auch erstmals Lebensweises von Schellinski selbst; in der Rheintaler Prärie durchgewindete Hadern wie Tod Und Tüfl, An Türk Als Frou oder I Han Scho Lang Koa Post Meh Kriagt. Und diese muss man vor üblichen Verdächtigen wie Nick Cave oder Calexico keinesfalls verstecken. Howdie, und: Heile! (Christian Schachinger/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19. 11. 2008)