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Schwer bewaffnete Polizisten nahmen vor dem Parlamentsgebäude Aufstellung.

Foto: AP/Apichart Weerawong

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Regierungsgegner blockierten das Parlament in Bangkok und verhinderten eine geplante Sitzung.

Foto: Chumsak Kanoknan/Getty Images

Um sechs Uhr früh gab Sondhi Limthonkhul das Kommando zum Aufbruch. Tausende Gegner der Regierung in Bangkok begannen im Morgengrauen unter den einpeitschenden Aufrufen des Anführers der "Volksallianz für Demokratie" (PAD) sternförmig auf das Parlament loszumarschieren. Erst vor den Absperrgittern und Hunderten wartenden, unbewaffneten Polizisten stoppten sie. Ihr Ziel: Bis Mittwoch soll die "finale Schlacht" geschlagen und die Regierung unter Somchai Wongsawat gestürzt sein.

Ein für sie wichtiges Teilziel haben sie am Montag erreicht: Sie verwehrten den Abgeordneten, die zusammentreffen sollten, um Handelsverträge mit den benachbarten Asean-Staaten abzusegnen und über ein Verfassungsgremium zu beraten, den Zutritt zum Parlament. Parlamentspräsident Chai Chidchob war gezwungen, die Sitzung abzusagen und sie auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Vier Busse der öffentlichen Verkehrsbetriebe sollen die Regierungsgegner gekapert haben, um möglichst viele Demonstranten in das Zentrum der Stadt zu ringen; einen konnte die Polizei zurückerobern.

Bereits seit Tagen herrscht in Bangkok unter den Sicherheitskräften Alarmbereitschaft. Nach blutigen Ausschreitungen im September, zwei Bombenanschlägen am vergangenen Donnerstag und Samstag, bei dem jeweils eine Person getötet worden war, war man am Montag auf alles gefasst. Doch trotz der Unberechenbarkeit so mancher "chai roon" ("heiße Herzen" ) blieben Gewaltszenen aus.

Überraschend drangen die Demonstranten, die stets in Gelb - der Farbe zu Ehren von König Bhumipol - auftreten, auch auf das provisorisch im alten Flughafen untergebrachte Hauptquartier der Regierung vor. Die Minister hatten noch rechtzeitig das Gebäude verlassen. Die in rote T-Shirts gekleideten Anhänger der Regierung, die sich "Union für Demokratie und gegen Diktatur" nennen, trafen sich ebenfalls zu Tausenden in und außerhalb Bangkoks.

"Ich trete nicht zurück"

Premierminister Somchai Wongsawat, der sich derzeit bei einem Wirtschaftsgipfel der Asia-Pazifik-Anrainerstaaten in Peru aufhält, ließ ausrichten: "Ich werde nicht zurücktreten. Wir haben angesichts der globalen Krise wichtigere Probleme zu lösen." Er zerstreute auch Gerüchte, wonach das Militär einschreiten könnte, um den Konflikt zu beenden und den Weg für Neuwahlen zu ebnen.

Thailand steckt tief in einem inneren Konflikt, der seit Beginn der Belagerung des Regierungspalastes im Mai zunehmend an Dramatik gewinnt und aus dem es keinen Ausweg zu geben scheint.

Die Wurzeln der Krise reichen ins Jahr 2006 zurück, als der bei Teilen der Bevölkerung beliebte, aber wegen seiner Amtspraktiken umstrittene Premierminister Thaksin Shinawatra durch einen Militärcoup von der Macht entfernt wurde. Seither ist das Land tief zerrüttet zwischen jenen, die Thaksin respektive seinen Schwager Premier Somchai, an der Macht sehen wollen und jener Gesellschaftselite, die durch ihn an Einfluss verloren hat. Ein beispielsloser Machtkampf ist im Gang. Hier die PAD, die Akademiker, Geschäftsleute und die Mittelschicht in Bangkok vertritt, und dort die Landbevölkerung, die dem Thaksin-Lager die Wählerstimmen sichert. Der Politstreit zerreißt auch Familien, wie Betroffene dem Standard berichten.

Thaksin selbst ist derzeit heimatlos, weil er wegen eines Korruptionsprozesses von Thailand ins britische Exil geflüchtet war, Großbritannien ihm aber vor wenigen Wochen das Visum entzogen hat. Der Milliardär und Expremier hält sich momentan in Dubai auf. (Andrea Waldbrunner aus Bangkok/DER STANDARD, Printausgabe, 25.11.2008)