Gleichzeitig mit der erfolgten Inbetriebnahme der Weihnachtsbeleuchtung und der schon sehnsüchtig erwarteten Eröffnung der Punschhütten, beginnt für viele die unangenehme Suche nach dem passenden Weihnachtsgeschenk. Wie wäre es zur Abwechslung mit etwas wirklich Ausgefallenem? Zum Beispiel mit einem Wurstbrief? Der geht so: Je nach Vorliebe des zu Beschenkenden basteln Sie aus einer aufgeschnittenen Braunschweiger, Extrawurst oder Polnischen einen Christbaum, eine Blume oder ein Handy, kleben dieses Kunstwerk mit einer Pampe aus Mehl und Wasser auf essbares Papier (Oblaten im DIN-A4-Format gibt es in jedem Laden für Messartikel), stecken das Ganze in ein großes Kuvert und schicken es express an Ihre(n) Liebste(n). Sie werden sehen, die Freude wird grenzenlos sein.

Strebhaft, wie die Deutschen nun einmal sind, gibt es dort bereits Fleischhacker, die Wurstbriefe professionell herstellen und diese auf Wunsch sogar ins Ausland versenden. So schreibt eine in Hongkong lebende Deutsche in einer Dankesmail an eine dieser Metzgereien: "Habe heute von meiner Tochter einen Wurstbrief in Form eines Weihnachtsbaums bekommen, den ich gleich verzehren werde. Tolle Idee! Gelungene Überraschung." Wie gesagt, die Mail wurde geschrieben, bevor die Dame den Brief verspeist hat. Wie es ihr danach erging, ist nicht überliefert.

Da rund um die Weihnachtsfeiertage vielen Menschen von der übermäßigen Fresserei oft schlecht wird, weise ich für jene, die Wurstbriefe geschenkt bekommen, sicherheitshalber auf die Symptome einer Wurstvergiftung hin, damit man diese von der üblichen Weihnachtsspeiberei unterscheiden kann: Die ersten Krankheitserscheinungen sind Übelkeit mit Erbrechen und Durchfall, Schwindelgefühl sowie hochgradige Muskelschwäche und Hinfälligkeit, Lähmungen der Schlingmuskeln, des Kehlkopfes und der Zungenmuskulatur, wodurch die Sprache klanglos und lallend wird (ähnlich wie nach fünf Halben Weihnachtsbockbier). Die Sterblichkeit ist ziemlich hoch, und der Tod erfolgt meist zwischen dem ersten und zehnten Tag nach erfolgter Vergiftung.

Besonders Wagemutige können trotzdem aus Anlass des 118. Todestags des Tierernährungsphysiologen Wilhelm Henneberg am 22. November die eine oder andere Wurstspezialität verzehren. Muss ja nicht in Form eines Briefes sein. Wohl bekomm's! (Kurt Palm, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 22.11.2008)