Pianist Fritz Pauer: in Wien sesshaft, mit Vertretern der Avantgarde auf Du und Du – in Peru auf spiritueller Wurzelsuche.

Foto: Brunner

Wien - "Ich habe als Bub immer die Austrian All-Stars gehört und mir dann eigentlich in den Kopf gesetzt, Jazzpianist zu werden, weil mir die Klangvorstellung am Klavier von Joe Zawinul am besten gefallen hat. Sein Klang hat mich bewogen, Jazzklavier zu spielen."

Es wirkt schon wie eine interessante Ironie, dass Joe Zawinul für Fritz Pauer als Vorbild fungierte. Ist er, der mit 17 schon Berufsmusiker war und dafür seine Volksschullehrerausbildung abbrach, doch immer eine stille Größe - man könnte sagen: ein stiller Rückhalt - der österreichischen Szene gewesen. Im Gegensatz zum USA-Exilanten Zawinul waren Pauers internationale Wanderjahre kurz.

Nach Berlin hatte es ihn schon 1964 verschlagen, nachdem "Fatty's Saloon" , sein "Klassenzimmer" , 1963 behördlich geschlossen worden war. Als Hauspianist in der von Herb Geller geleiteten Jazzgalerie wie auch - von Leo Wright engagiert - in "Doug's Night Club" reifte Pauer hier vor allem als Begleiter von Johnny Griffin über Dexter Gordon bis hin zu Lee Konitz und Don Menza zu einem Musiker internationalen Formats.

Mit allen Wassern gewaschen

1968, in einem Alter, als Joe Zawinul noch gar nicht fort war, kehrte Fritz Pauer nach Wien zurück. Frisch verheiratet, hatte er keine Lust, sein Glück in der Ferne zu suchen. Als Mitglied des Erich-Kleinschuster-Sextetts, das im Zuge von ORF-Produktionen internationale Stars nach Wien einlud, und Lehrer an der neueingerichteten Jazzabteilung der Stadt Wien hatte er genug zu tun.

"Ich war viel in Europa unterwegs. Dadurch, dass ich so viel interessante Dinge zu tun hatte, habe ich nie den Drang verspürt, nach New York zu gehen!" Deshalb leitete der mit allen Wassern gewaschene Pianist in Wien eine ganze Generation von Musikern an.

Sogar von Beat Furrer, damals als Jazzer umtriebig und heute international renommierter Komponist, bekam er Besuch. Und über Mathias Rüegg, der bald das Vienna Art Orchestra gründen sollte, sagt Pauer: "Er war einer meiner Studenten am Konservatorium der Stadt Wien. Die Idee für das VAO hatte er bereits damals. Als Lehrer muss man Vertrauen haben, um eine noch ungeborene Idee eines Schülers zu unterstützen. Jedenfalls freue ich mich, dass meine Methode des ‚In-Ruhe-Lassens‘ bei Rüegg auf fruchtbaren Boden gefallen ist."

Zur Mitte finden

Mit dem 1999 verstorbenen Art Farmer verband Pauer eine langjährige musikalische Beziehung, die im brillanten Duo-Album Azure von 1987 gipfelte.

Zudem arbeitete Pauer wiederholt mit Friedrich Gulda, der 1971 mit Fata Morgana eine LP mit Pauer-Kompositionen einspielte, und er kehrte immer wieder zur klassischen Kammermusikbesetzung des Jazz zurück, die wegen ihrer überreichen Geschichte zu den schwierigsten zählt: dem Klaviertrio.

"Es ist eine Dreierbeziehung, in der viel vom Einzelnen kommen kann. Je kleiner das Ensemble ist, umso transparenter ist es - was für das Klavier wichtig ist, das ja ein orchestrales Instrument ist."

Und doch: Auch Fritz Pauer hat in den 80er-Jahren eine Art Exil fernab der Heimat gefunden: in Peru, wo er sich ab 1984 18 Jahre lang immer wieder in ein Indio-dorf mitten im Urwald zurückzog, um bei einem Schamanen in die Lehre zu gehen. Um dort noch mehr zu seiner Mitte zu finden "und zu erkennen, dass man sich in seiner Arbeit, die ja etwas sehr Intimes ist, nicht von äußeren Dingen stören lassen soll."

Unerfüllte Wünsche hat Fritz Pauer, dieser meist lächelnde, gut gelaunte Buddha des Jazzpianos, mit 65 nicht wirklich: außer "tiefer in die Musik einzudringen." (Andreas Felber / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.11.2008)