SimCity kommt auf das iPhone

Montage: red

"SimCity", der Spiele-Klassiker von 1989, kommt aufs iPhone: Eine nur auf den ersten Blick überraschende Allianz zwischen dem städtebauerischen Old-School-Gamekonzept, das vor langer Zeit das Strategiegenre revolutionierte, und dem zukunftsweisenden Lifestyle-Gadget von heute. Die Planung und der Bau einer Stadt von der Wasserversorgung bis zur Polizeistation, das Anlegen von Kommerz- und Wohnflächen, wo sich die virtuellen Bürger ansiedeln konnten, war technischer ausgelegt als Mainstream-Spiele von heute.

Spiel mit der Vergangenheit

Aber die Teenies von damals, die sich mit digitaler Unterhaltung beschäftigten, als es noch nicht alltäglich war, sind 20 Jahre später eine wesentliche Zielgruppe der experimentierfreudigen Apple-Spielzeuge. Das Spiel mit der Vergangenheit, die Reflexion der eigenen Geschichte, entwickelt sich mehr und mehr zum fixen und weit reichenden Bestandteil des Genres. Am iPhone könnte allerdings die Kleinteiligkeit der komplexeren Darstellung in Kombination mit dem Touch Display problematisch werden.

Im Dezember wird auch "Need for Speed Undercover" für das iPhone erscheinen, ein Gegenstück zu "Simcity", das zukunftsweisende Grafik auf die mobile Plattform bringen soll. Gelenkt wird dabei – wie bei anderen iPhone-Rennspielen – mittels Schwenkens des Geräts.

1.500 Spiele

Um diese Spiele zu promoten, hat sich jüngst Greg Joswiak, genannt Joz, Vizepräsident für das Produktmarketing für iPod und iPhone, auf den Weg nach Europa gemacht. Seine für ihn einzig wahre Lehre: Nicht nur das neue iPhone 3G, auch der verbesserte iPod Touch (dünner, mit Lautsprecher, Kopfhörer kann als Audioeingang verwendet werden etc.) sei in Verbindung mit der Internet-Bezugsquelle für Programme, dem App Store, eine unschlagbare Kombination. Der Vertriebsweg mache es möglich, Preise weit unter den Spielmodule ausliefernden Konkurrenten zu bieten. Maximal 10 statt 40 Euro. Und von den 6.000 Anwendungen im App Store sind immerhin über 1.500 Spiele. Und die Möglichkeiten dieses Vertriebsweges, dass jeder Entwickler dort Sachen verkaufen könne und Apple nur 30 Prozent davon einstreife, garantiere für den Erfolg. Demokratie sei das. Und man stünde erst am Anfang.

Demonstrativer Nichtgebrauch

Um die Überlegenheit zu untermauern, liegen vor ihm am Tisch neben iPod Nanos in allen Farben und einem iPod Touch die beiden mobilen Spielkonsolen der Konkurrenz, Nintendo DS und Sony PSP. Sie werden nie angefasst und sind offenbar nur vorhanden, um demonstrativ nicht gebraucht zu werden. Joz wirkt in der sterilen Atmosphäre des abgeschotteten Presseraums mit den beisitzenden, betont unauffälligen Assistentinnen wie ein Hohepriester, der von der Wundertätigkeit seiner Artefakte überzeugt ist.

Sache der Entwickler

Aber hat die Komplexität der Spiele mit dem Touch-Display nicht eine Grenze? Beim letzten Fußballspiel hatten manche Leute mit nicht so zierlichen Fingern schon Probleme. - Solche Fragen, die Zweifel an der Perfektion von Apples Technik und Konzept anmelden, werden mit dem Argument der "Demokratie" weggewischt: Für Joz ist die Frage der Komplexität Sache der Entwickler. Manche Spiele werden eben weniger erfolgreich sein. Also Demokratie. Ist das Design ein Teil des Marketing? Nein, die Produktentwickler hätten auch etwas zu sagen. Braucht man überhaupt einen iPod Touch, der dieselben Funktionen wie ein iPhone hat, nur ohne Telefon? Klar, manche wollen mit anderen Handys telefonieren und trotzdem iPod-Musik hören. Seien Gaming-Trends im App Store identifizierbar? Alles mögliche, weil - Demokratie.

Erfolg

Joz hat leicht lachen, weil der Erfolg des Unternehmens seine Argumente stützt. In den paar Monaten, in den es den App Store gibt, wurden 200 Millionen Programme heruntergeladen, ein Viertel davon Spiele. Das ist viel, auch wenn ein großer Teil Gratis-Downloads sind. Allein 13 Millionen iPhones wurden bis jetzt verkauft. Mehr als 65 Millionen iTunes-Kunden-Accounts gibt es, die sich an 8,5 Millionen Musiktitel auswählen können. Mehr als 250 Geschäfte weltweit, insgesamt 32,5 Mrd. Dollar Umsatz im letzten Jahr. Und das letzte Quartal war für Apple eines der besten der Firmengeschichte. Dem Unternehmen ist es zweifellos gelungen, globale Wohlstandsgesellschaft mit richtig platzierter Lifestyletechnik für sich einzunehmen. Joswiak ist hier, damit dieser Erfolg nicht aufhört. Denn der Markt der mobilen Musikhörer ist endlich, jener der Spieler steckt erst in den Kinderschuhen. Und durch die Vertriebsform gehören die Unterhaltungsprogramme für iPod Touch und iPhone zu den gewinnträchtigsten der Branche.

Unterhaltung mit Substanz

Die Möglichkeiten der Plattform inspiriert die Entwicklerbranche: Das erste Produkt der neu ins Leben gerufenen Games-Sparte der populärwissenschäftlichen Gesellschaft National Geographic wird auch auf dem iPhone zu spielen sein. "Herod’s lost tomb" (Euro 2,99) soll "Unterhaltung mit Substanz" bieten. Ein anderes Projekt will aus dem PC eine Wii machen, indem es das iPhone als Bewegungscontroller zur Eingabe für Spiele verwendet. Das Golfspiel, "iFun iGolf" des US-Unternehmens Social Gaming Network soll nur der erste Vorbote einer ganzen Welle von Spielen sein, die dieses Zusammenspiel nutzen soll. (Alois Pumhösel/ DER STANDARD, 27. November 2008)