Die Pöllauer Turnhalle wurde erst 2001 renoviert. Das stilisierte Hakenkreuz ist das auch in der Nazizeit verwendete "Turnerbundzeichen" - und wurde sogar frisch aufgepinselt.

Pöllau/Hartberg - Seit der Maler Josef Schützenhöfer nach 24 Jahren in den USA vor elf Jahren in seine Heimat, nach Pöllau (Bezirk Hartberg) in der Oststeiermark, zurückgekehrt ist, ärgert er sich oft, wie er dem Standard erzählte. Vor allem ging Schützenhöfer gegen den Strich, dass sein Sohn bis vor wenigen Jahren, als er noch die Volksschule besuchte, in einer 1933 von Deutschnationalen erbauten Turnhalle turnen musste, die über dem Eingang mit einem stilisierten Hakenkreuz geschmückt ist. 2001 protestierte auch die Junge Generation der SPÖ Steiermark gegen den "Türschmuck". Damals wurde das Gebäude, das vor und während der NS-Zeit als eine dem "Turnvater" Friedrich Ludwig Jahn geweihte Turn- und Wehrertüchtigungsanlage genutzt wurde, nämlich von Grund auf saniert.

Frisch, fromm und umstritten

Doch die umstrittenen Symbole wurden bei der Gelegenheit nicht entfernt, sondern, nachdem das Mauerwerk abgeschlagen worden war, frisch aufgepinselt. Ein umstrittenens Gutachten des steirischen Landesarchivs merkte damals an, es handle sich um Turnerbund-Symbole und eben nicht um Hakenkreuze. Vielmehr könne man das Symbol als Abkürzung des Jahn-Wahlspruchs "Frisch, fromm, fröhlich, frei" lesen.

So sahen weder SP-Bürgermeister Rupert Flicker, der die Renovierung 2001 veranlasst hatte, noch der heutige rote Ortschef, Heribert Hirschegger, einen Grund zum Entfernen des Freskos. "Bei enger Auslegung des Abzeichengesetzes" müsse man das auch nicht, so Brigitte Bailer-Galanda vom Dokumentationszentrum des Österreichischen Widerstandes. Jedoch sei eine Entfernung der Symbole empfohlen - "im Sinne einer deutlichen Abgrenzung zum Geist, der aus dieser Dekoration spricht". Bailer-Galanda: "Hier besteht dringender Handlungsbedarf für die politisch Verantwortlichen."

Schützenhöfers Atelier in der Ortsmitte liegt übrigens unweit der Kernstock-Kapelle, benannt nach dem Verfasser des "Hakenkreuzliedes", Ottokar Kernstock. Der Dichter, der 1928 starb, wurde von den Nazis besonders verehrt und schrieb das Lied 1923 für die Fürstenfelder Ortsgruppe der Deutschen Nationalsozialistischen Arbeiterpartei (DNSAP). In vielen österreichischen Orten wurden Straßen, Plätze und Gebäude, die nach Kernstock benannt worden waren, nach dem Zweiten Weltkrieg umbenannt.

Doch in der Oststeiermark wird Kernstock fast an jeder Ecke geehrt. In der Bezirkshauptstadt Hartberg etwa gebe es "ein Kernstock-Stüberl, ein Kernstock-Denkmal, einen Kernstock-Platz und eine Kernstock-Volksschule", sagt der AHS-Lehrer Werner Schwarz, der gemeinsam mit seinem Kollegen Heinz Damm die Benennungen seit Jahren kritisiert, ohne dafür beim VP-Bürgermeister Karl Pack auf Verständnis zu stoßen.

Auch das Lehrerkollegium der Volksschule versteht die Aufregung nicht. In einem gemeinsamen Brief meinte man sogar, es "steht uns nicht zu, diese Literatur aus dem Blickwinkel der heutigen Zeit zu verurteilen". Damm selbst ist nicht nur Geschichtslehrer, sondern auch Grünen-Gemeinderat. Seit man die Gemeinderatssitzungen in die Kernstock-Schule verlegte, will Damm, Enkel des Widerstandskämpfers Hans Zagler, nicht mehr an diesen teilnehmen. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD Printausgabe, 29./30.11.2008)