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Die kanadische Opposition hat sich gegen Premier Harper (Bild) zusammen getan. Harper ist seit Jänner 2006 Premierminister.

Foto: REUTERS/Chris Wattie

New York/Ottawa - Politdrama in Kanada: Alle drei Oppositionsparteien haben sich auf den Sturz des konservativen Premierministers Stephen Harper verständigt. Die Liberalen, die sozialdemokratische NDP und die Separatisten vom Bloc Quebecois schlossen sich am Montagabend zu einem Bündnis gegen Harper zusammen. Die Tageszeitung "Globe an Mail" sprach am Dienstag von einem "historischen Pakt". Die drei Parteien wollen Harper möglicherweise schon in der kommenden Woche zu Fall bringen und seine Regierung dann durch eine linke Koalition ablösen.

Die Parteichefs der drei Parteien baten in einem Brief an die Generalgouverneurin Kanadas, Michaelle Jean, die als Staatsoberhaupt fungiert, den Liberalen Stephane Dion mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Jean befindet sich derzeit auf einer offiziellen Besuchstour in Mitteleuropa. Sie teilte am Dienstag in Prag mit, dass sie die Reise vorzeitig abbrechen und bereits am Mittwoch nach Ottawa zurückkehren werde, um bei der Suche nach einem Ausweg aus der innenpolitischen Krise zu helfen.

"Ihre Regierung wird gestürzt"

"Herr Harper, ihre Regierung wird gestürzt", sagte NDP-Chef Jack Layton nach der Unterzeichnung des Paktes mit den beiden anderen Parteien. Zusammen verfügen die drei Oppositionsparteien über 163 Stimmen im Parlament in Ottawa, deutlich mehr als die 143 Sitze von Harpers Konservativen. In ihrer gemeinsamen Verlautbarung vom Montag werfen die Oppositionellen Harper vor, kein angemessenes Programm zum Ankurbeln der kanadischen Wirtschaft auf die Beine gestellt zu haben. Ihr Gegenentwurf verspricht vor allem jenen Bürgern Unterstützung, die unter der globalen Wirtschaftskrise am meisten zu leiden haben. Er sieht außerdem den Verbleib kanadischer Truppen in Afghanistan bis zum Jahr 2011 vor.

Vertreter der Konservativen zeigten sich empört über das Oppositionsbündnis. "Es war in der kanadischen Politik einmal üblich, dass man eine Wahl gewinnen muss, um Premierminister zu werden", sagte der Minister James Moore am Dienstag. Er wies darauf hin, dass die Liberalen und die Sozialdemokraten im Wahlkampf versprochen hätten, keine Koalition zu bilden. "Jetzt treffen sie eine Übereinkunft, mit den Quebec-Separatisten als Zünglein an der Waage. Darüber sind die Kanadier zurecht empört, dafür haben die Kanadier nicht gestimmt." Auch Premier Harper sich einem Bericht von CanWest News zufolge kämpferisch. "Wir werden alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um uns dieser undemokratischen Machtübernahme zu widersetzen", sagte Harper am Montag zu Parteifreunden.

Nach dem Bericht der Zeitung "Globe and Mail" wollen die Konservativen Zeit gewinnen und den erwarteten Sturz bis ins nächste Jahr hinausschieben, um gestärkt in mögliche Neuwahlen zu gehen. So könnte Premier Harper seinen Sturz verhindern, indem er die Parlamentssitzungen bis Ende Jänner aussetzt. Dafür bräuchte er aber die Erlaubnis der Generalgouverneurin. Jean zeigte sich am Dienstag in einem Interview mit dem kanadischen TV-Sender CBS bedeckt zu dieser Frage: "Ich denke, dass zunächst einmal der Premierminister und ich darüber sprechen sollten, was wir noch nicht getan haben. Sobald ich wieder in Ottawa bin, steht meine Tür offen."

Dem Vernehmen nach hat des die Partei auf vorgezogene Neuwahlen nach der für Ende Jänner angesetzten Budgetabstimmung im Parlament abgesehen. Harper wolle im Wahlkampf argumentieren, dass es dem Koalitionsbündnis nicht um die Zukunft des Landes gehe, sondern lediglich um politische Macht. In Kanada wurde erst im Oktober gewählt. Die Konservativen konnten damals ihre Position als stärkste Kraft im Parlament behaupten und gewannen sogar Sitze hinzu. Die Liberalen, deren Chef Stephane Dion nun neuer Premier werden soll, mussten dagegen herbe Verluste einstecken. (APA/dpa/Reuters)