Moskau - Für den Auftragsmord an der kreml-kritischen Journalistin Anna Politkowskaja sollen unbekannte Hintermänner zwei Millionen US-Dollar (rund 1,58 Millionen Euro) gezahlt haben. Das habe der Zeuge Lom-Ali Gaitukajew, der nicht direkt an der Tat beteiligt war, am Freitag im Prozess um den Mord vor einem Militärgericht in Moskau ausgesagt, meldete die Agentur Interfax. Weitere Einzelheiten wurden auch deswegen nicht bekannt, weil die Anhörung - laut dem vorsitzendem Richter wegen der Vorlage vertraulicher Beweismittel - nicht öffentlich war.

Gaitukajew ist ein Onkel der beiden tschetschenischen Brüder Dschabrail und Ibragim Machmudow, die wegen Beihilfe zum Mord vor Gericht stehen. Ihr Bruder Rustam, der flüchtig ist, soll Politkowskaja erschossen haben. Nach ihm wird gefahndet.

In der Anklageschrift wird laut Verteidigung ein namentlich nicht erwähnter russischer Politiker als Auftraggeber genannt. Die Staatsanwaltschaft hatte betont, dass nicht bekannt sei, wer den Mord in Auftrag gegeben hat. In einer weiteren Anhörung vor Gericht sagte Vizechefredakteur Sergej Sokolow von der Moskauer Zeitung "Nowaja Gaseta", für die Politkowskaja gearbeitet hatte, die Journalistin sei vor ihrer Ermordung doppelt überwacht worden. "Einmal haben ihre späteren Mörder sie bespitzelt, zudem beobachtete sie der russische Geheimdienst", sagte Sokolow am Freitag. Er verwies dabei auf eigene Recherchen der Zeitung über die Todesschüsse auf die Reporterin.

Zeuge: Angeklagter arbeitete für Geheimdienst

Einer der Angeklagten im Prozess um den Mord an der Journalistin Anna Politkowskaja hat einer Zeugenaussage zufolge für den russischen Geheimdienst gearbeitet. Gewährsleute hätten ihm gesagt, dass Dschabrail Machmudow beim Inlandsgeheimdienst FSB beschäftigt gewesen sei, sagte der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung "Nowaja Gaseta", Sergej Sokolow, am Freitag vor Gericht. Der Staatsanwaltschaft zufolge fuhr Machmudow den Mörder Politkowskajas zu deren Wohnhaus.

Er habe konkrete Informationen über Machmudow und wisse, dass der FSB einen Akt über den Angeklagten habe, sagte Sokolow. Selbst gesehen habe er die Unterlagen allerdings nicht. Seine Informanten wollte der Redakteur nicht nennen. Die "Nowaja Gaseta" hat ausführliche Recherchen zum Tod ihrer Reporterin angestellt.

Machmudow wies die Aussage Sokolows zurück und erklärte, er habe niemals für den FSB gearbeitet. Er steht in dem Mordfall zusammen mit seinem Bruder Ibrahim vor Gericht, außerdem ist der ehemalige Moskauer Polizist Sergej Chadschikurbanow angeklagt. Der mutmaßliche Todesschütze floh nach Angaben der Staatsanwaltschaft ins Ausland. Politkowskaja wurde am 7. Oktober 2006 im Aufzug ihres Wohnhauses in Moskau erschossen. Sie berichtete über Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien und kritisierte den Kreml.

Seit der Ermordung Politkowskajas im Oktober 2006 vor ihrer Moskauer Wohnung wird in Russland über die Hintermänner der Tat spekuliert. Einer der Ermittler behauptete, der im Londoner Exil lebende Oligarch Boris Beresowski habe Politkowskaja auf dem Gewissen. Dagegen bringen Kollegen der Journalistin die von Moskau gestützte Führung der Teilrepublik Tschetschenien um Präsident Ramsan Kadyrow mit dem Mord in Verbindung. Politkowskaja hatte in ihren Berichten über den Krieg in Tschetschenien auch dem Kreml eine Mitverantwortung für Verbrechen an der Zivilbevölkerung gegeben.

Unterdessen berichtete die russische Agentur RIA Novosti am Mittwoch, dass die Stofffasern an der Pistole, mit der die regierungskritische Journalistin Politkowskaja erschossen wurde, laut Anklage-Experten aus dem Auto der angeklagten Gebrüder Machmudow stammen. "Laut Experteneinschätzungen gleichen diese Fasern (an der Tatwaffe) denen von den Sitzen des Autos, das den Gebrüdern Machmudow gehörte", sagte die Anklägerin. (APA/dpa/RIA)