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Die Zahl der Arztbesuche in Österreich steigt, auch immer mehr Hotels bieten ihren Gästen ein Ärzteteam an

dpa/May

"Der Begriff Wellness ist schon sehr überzogen. Schon das kleinste Haus nennt sich heute Wellness-Hotel", so Karl Gugerbauer, Besitzer des Gesundheitshotels Gugerbauer in Schärding. Um sich im Tourismus abzugrenzen, muss man sich heute spezialisieren, ist er überzeugt: "Der Trend geht Richtung Gesundheit."

Die Wellnessbranche boomt seit Jahren, Thermen schießen wie Pilze aus dem Boden. Um dem Gast trotz des Überangebotes weiterhin etwas Besonderes bieten zu können, setzen immer mehr Betriebe auf den Schwerpunkt Gesundheit. Sind Urlauber früher zum Entspannen nach Griechenland oder Italien ans Meer gefahren, entscheiden sie sich heute für eine Venenwoche oder Heilfasten in Österreich. Die Betriebe leisten sich dafür auch einen hoteleigenen Arzt - oder gleich ein ganzes Team davon.

"Das öffentliche Gesundheitssystem kann nicht mehr alle Lasten tragen"

Auch die österreichische Ärztekammer bestätigt, dass die Zahl der Arztbesuche im niedergelassenen Bereich in den letzten Jahren kontinuierlich im Steigen ist. Ein Grund dafür sei unter anderem, dass die Bevölkerung immer älter wird.

Franz Rauchenberger, Thermenland Steiermark-Geschäftsführer, sieht die Ursache für die häufigeren Arztbesuche im Gesundheitssystem: "Heutzutage ist der Druck höher, etwas für die private Gesundheitsvorsorge zu tun. Das öffentliche Gesundheitssystem kann nicht mehr alle Lasten tragen." Auch er ist sich sicher, dass der Trend im Tourismus Richtung Gesundheit geht: "Der Gast hat eine Vorstellung davon, was er erreichen möchte und wir möchten ihm das auch bieten, da gehört ein Arzt eben dazu." Hotels würden sich daher für einen zusätzlichen Arztservice entscheiden, um dem Gast auch fundierte Ergebnisse liefern zu können.

Laut einer Studie des Market-Instituts und der Österreich Werbung zum Thema "Urlaubsmotive der Zukunft" stehen bis zum Jahre 2030 "Gesundheitspflege und Wellnesstourismus" an erster Stelle der Urlaubstrends. Die Überalterung der Gesellschaft und das Bedürfnis der älteren Menschen, immer länger gesund und fit zu bleiben, würden zu einer Zunahme von "Wellness-, Soulness- und Schönheitsurlauben" führen. In der jungen Bevölkerungsgruppe soll in den nächsten 22 Jahren sogar der Wunsch nach plastischem Chirugietourismus "signifikant" zunehmen.

Informationen einholen und "Wehwehchen" behandeln lassen

Die Hotelgäste, die den ärztlichen Zusatzservice nutzen, seien Frauen und Männer gleichermaßen, in der Altersgruppe über 50, so Gugerbauer. Die häufigsten Beschwerden, mit denen sie zum Arzt kommen, sind Diabetes und Probleme im Stütz -und Bewegungsapparat. Intensiv durchchecken würden sich die Gäste aber nicht lassen, sondern hauptsächlich Informationen einholen und kleine "Wehwehchen" behandeln lassen, so der Hotelbesitzer: "Der Gast will, dass der Arzt da ist."

Auch in Fitnessstudios werden mittlerweile ärztliche Untersuchungen als Zusatzservice angeboten. Das gesundheitsorientierte Krafttraining Kieser Training bietet beispielsweise in jedem Betrieb eine angeschlossene Privatordination an. Bei einer Neuanmeldung kann sich der Kunde freiwillig vom Arzt durchchecken lassen. Christian Rabitsch, Geschäftsleiter von Kieser Training in Wien, ist überzeugt, dass es den Trend Richtung Arztservice gibt: "Menschen suchen heute öfter den Arzt auf. Vor allem wegen Kleinigkeiten, die früher kein Grund gewesen wären, zum Arzt zu gehen." Die Gründe nach diesem Bedürfnis sieht Rabitsch einerseits in der Angst, eine Krankheit oder Verletzung zu übersehen und andererseits im Wunsch nach Sicherheit. "Der Arzt soll sagen, dass eh alles passt", so Rabitsch. Kieser Training biete den Arztservice aus "Positionierungsgründen" an, er sei Teil des Marketingkonzeptes. Bei einem Neuvertrag seien es 80 Prozent der Kunden, die den Service nutzen.

Günter Pölzer, Ausbildungsleiter bei der National Fitness Academy, kann bei Österreichs Fitnessstudios jedoch keine Tendenz zu hauseigenen Ärzten erkennen: "Meines Wissens gibt es diesen Trend nur im Thermen- und Kurbereich. Bei Fitnessstudios wird ein Arzt nur gelegentlich für Leistungsdiagnostik herangezogen." (Maria Fanta/derStandard.at, 1. 12. 2008)