Bild nicht mehr verfügbar.

Um cool zu wirken, filmen Jugendliche mit ihren Handys Gewaltszenen. Diese verschicken sie in ihrer Clique. Die Polizei startet nun ein Präventionsprojekt.

APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH

Linz - Fünf Jahre lang soll sich der Onkel wiederholt an seiner kleinen Nichte vergangen haben. Angefangen habe der Missbrauch, als das Mädchen drei Jahre alt war. Der mutmaßliche Kinderschänder konnte nur deshalb überführt werden, weil Pornobilder des mittlerweile achtjährigen Kindes auf dem Handy eines Linzer Schülers sichergestellt wurden.

Ein 13-jähriger Bursche hatte in seiner Klasse an der Hauptschule Pasching die Bilder herumgezeigt. Ein Mitschüler meldete dies der Schule, worauf die Polizei verständigt wurde. Anhand der Fotos konnte der Täter, ein 36-jähriger Mühlviertler, festgenommen werden. Seit einer Woche sitzt er in Untersuchungshaft. Laut Staatsanwaltschaft zeige er sich im Großen und Ganzen geständig. Dem Mann wird schwerer sexueller Missbrauchs eines Unmündigen und pornografische Darstellung einer Minderjährigern vorgeworfen.

Wie der Schüler zu den Bildern kam, erklärt Oberösterreichs Sicherheitsdirektor Alois Lißl so: "Der Bursche dürfte sich die Bilder vom Laptop des Hauptverdächtigen heruntergeladen haben." Sowohl der mutmaßliche Täter als auch das Opfer ist mit dem Schüler verwandt. Warum der Bursche, als er die Pornos seiner Cousine entdeckte, nicht zur Polizei gegangen ist, sondern die Bilder kopierte, um sie in der Schule zu zeigen, kann Lißl nicht beantworten.
"In letzter Zeit tauchen immer häufiger Filme mit extrem gewalttätigen oder pornografischen Inhalten auf Handys von Jugendlichen auf", stellt auch Landespolizeikommandant Andreas Pilsl fest. Rund 20 Fälle wurden der Exekutive in diesem Jahr angezeigt. Meist handle es sich um Happy Slapping, das heißt, Jugendliche stellen brutale Szenen nach und filmen diese. Mittlerweile würden diese Szenen jedoch immer seltener nur vorgetäuscht, sondern es werde wirklich rohe Gewalt angewendet, berichtet Pilsl. So wie etwa in einem aktuellen Fall aus Steyr. Dort haben sich Schüler in der Pause eine lebendige Maus gekauft, die sie anschließend anzündeten, um ihren Todeskampf mit dem Handy zu filmen.

Auffallen durch Extreme

Als Motiv für Happy Slapping nennt die Polizei unter anderem das Bedürfnis, mit Extremhandlungen auf sich aufmerksam zu machen. Auf ihre Beweggründe angesprochen, hätten Jugendliche freimütig zu Protokoll gegeben: „Man will einfach nur das Video haben und es anderen zeigen. Das ist dann cool."
Um der Zunahme von Gewalt entgegenzuwirken, hat die Polizei gemeinsam mit dem Land Oberösterreich das Präventionsprojekt „Click and Check" entwickelt. Anfang nächsten Jahres soll es an Schulen starten. Ziel sei es, Jugendliche für den „nicht kriminellen Umgang" mit Handys und Computern zu sensibilisieren. (Kerstin Scheller, DER STANDARD Printausgabe, 03.12.2008)