Budapest - Kaum gekauft, wird die ungarische Güterbahn Mav Cargo für den ÖBB-Güterverkehr Rail Cargo Austria (RCA) auch schon zur Sparkasse. Neben dem Kaufpreis in Höhe von umgerechnet 390 Millionen Euro ist in den nächsten Wochen die Zahlung eines Millionendarlehens fällig, zu der die ÖBB laut Kaufvertrag verpflichtet ist.

Insgesamt muss die österreichische Staatsbahn im Zuge der Mav-Cargo-Privatisierung in den nächsten fünf Jahren 44 Milliarden Forint (168,3 Mio. Euro) in Mav Cargo investieren, führte RCA-Finanzvorstand Günther Riessland anlässlich der offziellen Übernahme der Güterbahn am Dienstag in Budapest aus. Der Kaufpreis selbst, den RCA allein bestreiten muss, weil die EU-Wettbewerbskommission die Raaberbahn (war mit 25 Prozent im Konsortium) aus dem Deal gekippt hat, werde "zu einem guten Teil" aus dem Eigenkapital finanziert, etwa ein Drittel kauft RCA mit Fremdkapital.

Dass Mav-Cargo ein Sanierungsfall sei, der nach einer Liquiditätsspritze lechze, stellte Riessland vehement in Abrede. Das Gegenteil sei der Fall, die Eigenkapitalausstattung sei nicht schlechter als jene der RCA. Die betrug Ende des Vorjahres 904,7 Mio. Euro bei einem Umsatz von 1,06 Milliarden Euro und einem Jahresüberschuss von 20,19 Mio. Euro.

Der Mav-Cargo-Zrt.-Konzern erwirtschaftete 2007 mit 3790 Beschäftigten einen Umsatz von 93,3 Mrd. Forint und ein Ergebnis (Ebit) von 507 Mio. Forint (1,9 Mio. Euro). Er soll bereits 2009 einen positiven Ergebnisbeitrag liefern, was angesichts der Wirtschaftskrise und des Konjunkturabschwungs in ganz Europa "eine Herausforderung" sei.

Cash-flow

Riessland räumte ein, dass das Ergebnis (Ebit) "zweifellos Verbesserungsbedarf hat", entscheidend sei aber der Cash-flow und der könne auch durch Investitionen generiert werden. Die sind dringend notwendig: in die Modernisierung des Schienennetzes, des Wagenmaterials und natürlich die Waggonfabrik in Miskolc. Von den 6000 Wagen, die für die Bewirtschaftung des in Summe 8000 Kilometer langen hochrangigen Schienennetzes des neu geschmiedeten Cargo-Riesen notwendig sind, wurden bereits 750 angeschafft. Der große Rest soll in den nächsten fünf Jahren folgen. Die Mav-Waggonfabrik ist dabei kaum eine Hilfe, sie kann bei gutem Wind (und wenigen Reparaturaufträgen) pro Jahr maximal 450 Waggons produzieren, im schlechteren Fall sind es nur heiße 250 Stück. "Sie würde für diesen Auftrag 15 Jahre brauchen", rechnete RCA-Produktionsvorstand Ferdinand Schmidt vor. So lang habe man aber nicht Zeit, der Markt müsse sofort bearbeitet und neue Logistik-Strukturen aufgebaut werden.

Nicht so klar ist, wie RCA und ihre für die nächsten Jahre eigenständig geführte Tochter Mav-Cargo (deren Finanzvorstand kein ÖBB-ler, sondern der ehemalige Unilever-Manager Laszlo Nagy wird) ihre starke Position im Osten ausspielen werden, Für RCA-Chef Friedrich Macher sind die wesentlichen Assets die Donauachse von Constanza bis Rotterdam, der EU-Korridor-10 von der Ukraine über Serbien nach Griechenland und natürlich Záhony, der Anschluss an die Breitspur nach Russland. (Luise Ungerboeck aus Budapest, DER STANDARD, Printausgabe, 3.12.2008)